Mega-Wahl im Mega-Archipel

Fakten zu Indonesien: Der Archipel aus 17.000 Inseln ist mit 280 Millionen Einwohnern das größte Land Südostasiens, das viertbevölkerungsreichste Land der Welt und der Staat mit der weltgrößten Bevölkerung muslimischen Glaubens (knapp 90 Prozent). Das multireligiöse und multiethnische Land zwischen Indischem und Pazifischem Ozean erstreckt sich von Ost nach West über 5.120 Kilometer und von Nord nach Süd über 1.760 Kilometer. Es deckt dabei drei Zeitzonen ab. Indonesien gilt heute nach Indien und den USA als drittgrößte Demokratie der Welt. Bis Mai 1998 herrschte hier 32 Jahre lang Diktator Suharto. Der General kam Mitte der 1960er Jahre mit einem vom Westen unterstützen, antikommunistischen und antichinesischen Blutbad an die Macht und wurde später von Helmut Kohl als „Freund“ bezeichnet.

Worum geht es bei der Wahl? Trotz teilweise separatistischer, ethnischer und religiöser Gewalt und dem Ringen um die Rolle des Islam sind seit 1998 erfolgreich demokratische Institutionen und Strukturen entstanden. Die Macht des Militärs wurde reduziert. Die jetzt bereits fünfte Direktwahl des Staats- und Regierungschefs für eine fünfjährige Amtsperiode ist die weltgrößte direkte eintägige Präsidentschaftswahl – und nicht nur angesichts der Regenzeit eine große logistische Herausforderung. Gewählt werden auch der Vizepräsident (es treten nur Männer an), die Abgeordneten von Unter- und Oberhaus sowie der Provinz- und Distriktversammlungen. Nachdem in der letzten Wahlperiode die demokratischen Institutionen von der Regierung und elitären Politikern wieder geschwächt wurden, geht es jetzt darum, ob sie wieder stabilisiert, stärker islamisiert oder noch weiter geschwächt werden.

Was sind die Besonderheiten der Wahl? 205 Millionen Menschen sind an diesem Mittwoch, dem 14. Februar, wahlberechtigt, Soldaten oder Polizisten dürfen nicht wählen. Das Mindestwahlalter ist 17 Jahre. Laut Wahlkommission sind 56 Prozent der Wahlberechtigten Angehörige der Generation Z oder Millennials, also unter 40 Jahre alt. Rund 830.000 Wahllokale werden zwischen 7 und 13 Uhr ihrer jeweiligen Zeitzone geöffnet. Mit einem Nagel müssen pro Person vier bis fünf Wahlzettel an der gewünschten Stelle durchstochen werden.

Weil sich die jetzt zugelassenen 24 Parteien ideologisch und programmatisch kaum nach Rechts-links-Kriterien unterscheiden, ist es vor allem eine Persönlichkeitswahl. Für die Parteien, neun sind im Parlament vertreten, gilt eine Vierprozenthürde, klassische Regierungs- und Oppositionsfraktionen in unserem Sinn gibt es nicht. Die letzten Wahlen selbst und der jetzige Wahlkampf verliefen friedlich, doch fällt die hohe Zahl der Toten in den Wahllokalen auf – durch Erschöpfung und Unfälle.

2019 starben 287 Wahlhelfer und -helferinnen, 2014 waren es 150. Jetzt muss das Personal, das maximal 55 Jahre alt sein darf, vorher zum Gesundheitstest. Die Wahlkommission rechnet mit einer Beteiligung von 80 Prozent. Die Auszählung wird bis weit in den März dauern. Über die Präsidentschaft soll es aber einen aussagekräftigen „Quick Count“ auf der Basis von Nachwahlbefragungen schon am Wahlabend geben.

Wie geht’s weiter? Die entscheidende Frage am Wahltag ist, ob es bei der Abstimmung über die Präsidentschaft zu einer Stichwahl zwischen dem großen Favoriten Prabowo Subianto und einem der anderen beiden Kandidaten kommt und wenn ja, wer das dann sein wird. Der Termin der Stichwahl wäre der 26. Juni.

Wirtschaftskreise und der scheidende Präsident hoffen aus Gründen schneller Klarheit und der Ersparnis von weiterer hoher Kosten, dass es bei einem Wahlgang bleibt. Die Amtseinführung des neuen Präsidenten findet aber ohnehin so oder so am 20. Oktober statt.

Sven Hansen