Interviews am Spielfeldrand: Ja gut, ich sag mal

Seit Fußballer ganze Sätze sagen, ist es schwieriger geworden herauszufinden, was sie eigentlich meinen.

Bayern-Trainer Thomas Tuchel

Kein Mann fürs „Ja, gut“-Interview: Thomas Tuchel muss eine Niederlage erklären Foto: Imago/Team 2

Ein bisschen schade ist es schon, dass die Zeiten schon so lange vorbei sind, in denen Profifußballer auf jede Reporterfrage grundsätzlich erst einmal mit „Ja gut“ antworteten, bevor sie ein winziges Nachdenkpäus­chen einlegten, um dann zu sagen, was Fußballspieler damals halt so sagten. Inhaltlich unterschied sich das natürlich nicht wesentlich von dem, was heute von den Absolventen des Rhetorik-Grundkurses „In ganzen Sätzen nichts sagen, für Fußballspieler ohne Vorkenntnisse“ geäußert wird. Gleichwohl war die Art und Weise, wie dieses „Ja gut“ vorgetragen wurde, für Eingeweihte durchaus ein Indikator für Karrierepläne und Gemütsverfassungen.

Schade ums alte „Ja gut“. Was hätte dieser Spieltag für ein wundervolles „Ja gut“-Festival werden können. „Ja gut“, Pause, „die Tennisbälle, ja, da gehen die Meinungen auseinander.“ Beziehungsweise „… das hat im Fußball nichts zu suchen“. Denn damals hatte im Fußball praktisch nichts etwas zu suchen, schon gar nicht irgendwie nicht konservativ sein könnende Politik.

Andererseits war dies nun der Über-Spieltag, an dem das, was nachmittags auf den einzelnen Plätzen so getrieben wurde, unerheblich war, denn abends würde Leverkusen gegen Bayern spielen, Halt, nein: gegen Bayern verlieren, wie die Experteria schon Tage zuvor prognostiziert hatte. Weil der FCB immer gewinnt, wenn es drauf ankommt, außer manchmal. Der britische Guardian hatte sogar einen deutschen Experten verpflichtet, der das genauer ausführte: Bayern habe das Know-how und Kane, schrieb Lothar Matthäus in seiner Analyse, „thanks very much, Tottenham, for sending him to us“.

Ja gut, man steckt halt nicht drin. Und so gewann Leverkusen dank dreier sehr hübscher Tore ganz klar gegen das, was immer noch der nächste Meister sein kann, schließlich ist erst Februar.

Darüber wurde selbstverständlich nach dem Abpfiff nicht geredet, weil es da darum ging, irgendeinen Leverkusener zu finden, der verkündet, dass man beinah schon Meister sei. Ist ja schließlich immer nett, wenn solche Statements am Ende der Saison benutzt werden können, um sie tieftraurigen Verlierern noch einmal vorzuführen.

Womit wir zum Übergewinner des Wochenendes kommen, nämlich Boris Schommers (und damit natürlich zum MSV Duisburg): Auch wenn der nach dem gloriosen Sieg gegen den SC Verl immer noch Vorletzter ist. „Wir glauben alle fest daran, den Klassenerhalt schaffen zu können“, sagte Trainer Schommers, ganz ohne „ja gut“, aber das war auch okay.

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Schreibt nicht nur über Sport, sondern auch über Verschwörungsideologien, skandinavische Politik und Königshäuser. *** Die ersten Artikel für den taz-Sport gestalteten sich allerdings etwas schwierig: Mit den Worten "Wie, die schicken uns heute eine Frau?" wurde ich beispielsweise vor Jahren von einem völlig entsetzten Vorsitzenden eines Westberliner Fünftligavereins begrüßt. Da war er also, der große Tag, an dem über seinen Club in der taz berichtet werden würde, und dann das: Eine Frau! Ich antwortete ja, ich sei die Strafe und sofort war die Stimmung super. *** Und eines Tages werde ich über diesen Tag und andere, sagen wir: interessante Begegnungen mal ein Buch schreiben.

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