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: „Beyond the Horizon“: Achterbahn fahren mit Robert Zandvliet

Rembrandt, van Gogh, Mondrian, de Kooning – die Niederlande haben lange auf einen neuen großen Maler warten müssen. Robert Zandvliet könnte der lang Ersehnte sein, nicht nur, weil er das Großformat (bis fünf Metern Länge) schätzt. Mit seinen 35 Jahren gilt er als „auffallendster“ Vertreter der jüngeren Generation. Ein selbstbewusster Maler, der 1997 eine Einladung ins Amsterdamer Stedelijk Museum ablehnte, weil er sich noch nicht reif fühlte. Das Kunstmuseum Bonn widmet ihm nun mit „Beyond the Horizon“ seine erste große Ausstellung in Deutschland. Gezeigt werden rund 70 Bilder aus den letzten zehn Jahren.

Zandvliets Thema ist die Malerei. Er verzettelt sich nicht in Grenzüberschreitungen mit anderen Genres wie Video oder Rauminstallation, bleibt nicht an Inhalten hängen. „Beyond the Horizon“ verspricht Unentdecktes – und hält dieses Versprechen. Dabei bewegt sich Zandvliet durchaus in der Tradition, zitiert nicht die Malweise, wohl aber die Ideen der alten niederländischen Meister, auch an van Gogh oder Ernst Wilhelm Nay mag man sich erinnert fühlen. Die Bilder wecken Assoziationen. Das ist gewollt, doch will Zandvliet keine Richtung vorgeben, weshalb keines seiner Bilder einen Titel trägt. Die Hängung der Bilder – nicht chronologisch, sondern thematisch – erleichtert diese Assoziationen. In dem einen Raum denkt der Betrachter an Wasserspiegelungen. Im anderen blickt er aus der Vogelperspektive auf ein Netz ineinander verschlungener Autobahnen. Kühl romantische Landschaften sind zu entdecken, weit und endlos, harte Winterschatten. Urwälder mit moosbehangenen Bäumen. Lagerfeuer, ein Gesicht.

Solche Wiedererkennungseffekte kommen nicht von ungefähr. Zandvliet begann mit konkreten Abbildern, eine Kinoleinwand, Haarspangen, ein Autorückspiegel, ein Treppenhaus sind in Bonn zu sehen. In reduzierter Form auf monumentales Format gebracht, weisen sie in Richtung Abstraktion und die Bedeutung der „Linie“ in Zandvliets Werk. Die malt er oft mit spannenbreiten Pinseln, meterlang, allein das ist eine Meisterleistung. Mit expressivem Gestus werden sie auf die Leinwand gebracht. Sie fangen den Blick des Betrachters, führen ihn über die Leinwand, lassen ihn Achterbahn fahren, bremsen ihn jäh an den Bildrändern, führen ihn zurück. Sie ergeben Licht und Schatten, erweitern die Fläche in die dritte Dimension, wozu auch die Farbgebung beiträgt. Zandvliet arbeitet vor allem mit selbst gemischtem Eitempera. Das trocknet schnell und erlaubt spontaneres Arbeiten.

Aus der Ferne ergeben sich die „Bilder“, aus der Nähe die Feinheiten der Malerei, die subtilen Farbabstufungen, die feinen Strukturen, die sich beim langsamen Versiegen der Farben im Pinsel ergeben, bis diese sich fast verflüchtigen. Zandvliet malt seine großen Bilder immer auf dem Boden, um Tropfspuren zu vermeiden. Und auch wenn sie schnell dahin gemalt wirken, steckt oft wochenlange Arbeit dahinter. Das gilt ebenfalls für seine schreibpapiergroßen Bilder. Groß-klein, abstrakt-konkret, Linie-Fläche, Bewegung-Ruhe, Leichtigkeit und Schwere: Zandvliet liebt die Gegensätze und das macht ihn so mitreißend. JÜRGEN SCHÖN

„Robert Zandvliet: Beyond the Horizon“: Kunstmuseum Bonn, Friedrich- Ebert-Allee 2, bis 21. August, Di-So 11-18 Uhr, Mi 11-21 Uhr, Katalog 25 Euro