wortwechsel
: Wenn Deutsche auf die Straße gehen

Proteste gegen die Regierung drücken sich hierzulande in Form von Blockaden aus, mit Hilfe von Maschinen oder mit Klebstoff. Fehlen uns Instrumente direkter Demokratie?

Hier trägt der Protesthelfer (Trecker) mal ganz klassisch ein Plakat für den Bauern oder die Bäuerin Foto: Heiko Becker/dpa

Menschenrechte

„Ein lautes Schweigen“,

wochentaz vom 6.–12. 1. 23

Netanjahus Politik und Kriegführung gefährdet die gegenwärtige und die zukünftige Sicherheit Israels. Demgegenüber hatte Jitzhak Rabin bereits vor dreißig Jahren mit den Oslo-Verhandlungen gezeigt, wie eine dauerhafte und friedliche Lösung des Konflikts aussieht. Seit der Shoah ist es für Deutschland eine heilige Pflicht, sich für die Sicherheit Israels zu verbürgen. Zu den Pflichten eines Freundes gehört, ihn an die universellen Menschenrechte deutlich zu erinnern. Sie wurden unter dem Eindruck der Shoah 1948 formuliert. Und schon lange hat die jüdische Tradition mit den Zehn Geboten einen zentralen Gründungstext unserer Zivilisation beigetragen.

Eberhard Müller, Schönwalde-Glien

Abgeordnete

„Deutschland, deine Protestkultur“,

wochentaz vom 6.–12. 1. 23

„Abgeordnete und Mi­nis­te­r*in­nen bekommen normale Menschen quasi nie zu Gesicht.“ Ich weiß nicht, in welchem Wahlkreis Sie wohnen, Frau Fauth. Hier in Steglitz-Zehlendorf sind die Bundestagsabgeordneten der CDU, der SPD und der Grünen regelmäßig mit Veranstaltungen und durch Bürgersprechstunden präsent, teilweise auch mit Infoständen. Vereine, Verbände et cetera laden die Abgeordneten ein, und wenn irgend möglich (also in sitzungsfreien Wochen) folgen die Abgeordneten diesen Einladungen. Ich war selber vier Jahre im Bundestag und bin nie so vielen Menschen außerhalb des politischen Raums begegnet wie in diesen vier Jahren. Ute Finckh-Krämer, Berlin

Im Vorhinein

„Deutschland, deine Protestkultur“,

wochentaz vom 6.–12. 1. 23

Frau Fauth ist darin zuzustimmen, dass sie die Kirche im Dorf lassen will. Wenn man die Ereignisse in Schlüttsiel mit den Aktionen gegen den G20 in Hamburg, im Hambacher Wald oder gegen die Räumung der Liebig34 vergleicht, war eigentlich herzlich wenig los.

Dass Habeck sich aus Sicherheits­gründen vorsichtshalber für eine Rückkehr zur Hallig entschieden hat, ist nachvollziehbar, aber die Annahme, es hätte Gewalt gegen Personen oder Sachen gegeben, wenn man die Demonstranten auf die Fähre gelassen hätte, ist eben nur eine Annahme, die auch falsch sein kann. Man sollte die Ereignisse nach dem beurteilen, was tatsächlich passiert ist, und nicht danach, was möglicherweise hätte passieren können. Budzylein auf taz.de

Direkte Demokratie

„Deutschland, deine Protestkultur“,

wochentaz vom 6.–12. 1. 23

Die aktuellen Proteste von Bauern und anderen Gruppen gegen die Politik der Bundesregierung in Berlin weisen auf ein gravierendes Manko des politischen Systems der Bundesrepublik hin: Nach dem Wahltag fühlen sich viele Bürger faktisch politisch entmündigt, da sie keinerlei institutionelle Möglichkeit haben, die Regierungspolitik zu beeinflussen.

Das ist in der Schweiz anders. Neben den Elementen der repräsentativen Demokratie wie Parlament und Regierung hat die Schweizer Bevölkerung die Möglichkeit, durch Volksbegehren und Volksentscheide aktiv in die Landespolitik einzugreifen. Auch unser Grundgesetz sieht Elemente der direkten Demokratie vor, die bislang leider nicht umgesetzt wurden.Walter Ruffler, Bremen

Blockade

„Deutschland, deine Protestkultur“,

wochentaz vom 6.–12. 1. 23

Die einen kleben sich fest, die anderen kommen mit riesigen Maschinen, laut hupend. Ziel und Ergebnis sind gleich: Die Straßen sind blockiert. Die einen sind erregt über aus diversen Gründen nicht weitergeführte Subventionen, die andern demonstrieren gegen einen bewussten Verfassungsbruch der Regierung. Die einen üben sich in friedlichen Protest, die anderen drohen bei kritischer Äußerung mit Gewalt und setzen Politiker fest. Viele Politiker und Medien äußern großes Verständnis für die aktuellen Proteste, für die anderen wurde der Terrorismusverdacht geprüft.

Könnten Sie mir diesen Dualismus eventuell intellektuell aufarbeiten?! Mir fehlt dazu die intellektuelle Kapazität.

Christoph Hammann-Kloss, Freiburg

Dicke Trecker

„Deutschland, deine Protestkultur“,

wochentaz vom 6.–12. 1. 23

Ich glaube, es ist schlicht illegal mit subventioniertem Diesel Protestfahrten zu unternehmen. Das ist mein Wissensstand. Der subventionierte Diesel wird eingefärbt, damit er nicht privat genutzt wird. Das kann auch kontrolliert werden. Ich gehe mal davon aus, das die meisten Trecker mit dem subventionierten Diesel unterwegs sind auf den Demos. Sollen die Landwirt/Innen* doch bitte normal, ohne ihre dicken Trecker demonstrieren! Das nervt und ist klimaschädlich, und dann noch mit subventioniertem Diesel?

Lukas Hübotter, Hannover

Mamma ungleich Mama

„Gebt mir ein A“,

wochentaz vom 6.–12. 1. 23

Ich habe den Artikel mit Interesse gelesen, bis die Autorin schreibt: „ Die Brustverkleinerung heißt im Fachjargon Mammareduktionsplastik. Natürlich Mamma, natürlich Mutter. Als könntest du mit den Brüsten auch gleich die Mutter loswerden. Die Mutter in dir …“

Nun heißt Mamma, aus dem Lateinischen, allerdings weibliche Brust oder Brustdrüse, hat also mitnichten mit der „Mama“ oder Mutter zu tun. Daraufhin driftet der Beitrag leider ab und hat mit der geplanten OP zur Brustverkleinerung und dem Leben danach nur noch wenig zu tun. Schade! Katharina Steinhöfel, Eutin

Fremdbestimmung

„Gebt mir ein A“,

wochentaz vom 6.–12. 1. 23

Selten habe ich ein solches Traktat von Fremdbestimmtheit gelesen. Vor jeder Entscheidung scheint eine vielfacettige Wand von Erwartungen zu stehen, die es zu erfüllen gilt, bevor die Entscheiderin weiß, was sie wirklich „will“ (was irgendwer wohl von ihr will, oder ist das möglicherweise am Ende dasselbe?).

Es scheint selbst bei einer derart höchstpersönlichen Entscheidung nicht darum zu gehen, wie sie ausschließlich sich selbst und ihrer unmittelbaren Bedürfnislage gerecht werden kann, sondern inwieweit sie dem Bild entspricht, das sie abgeben will, der Schublade, in die sie beschlossen hat hineinzugehören. Und der Feminismus spielt da (natürlich?) ganz vorne mit: Ich dachte mal, es ginge dem um Emanzipation, und „Emanzipation“ sei die Befähigung zum Abwurf von Fremdbestimmung. Normalo auf taz.de