Weiße sind für Weiße unsichtbar

Das Antidiskriminierungsbüro Köln stellt sein Buch „TheBlackBox“ vor. Es wirft die Frage auf, was Hautfarbe und Herkunft im Alltag bedeuten und versucht, Unbewusstes bewusst zu machen

Von CHRISTIANE MARTIN

Sichtlich erregt erzählt Denis Kapuku Mukuna die Geschichte seiner Frau, die in ihrer Ausbildung zur Altenpflegerin nachweislich wegen ihrer afrikanischen Herkunft rassistisch beleidigt wurde, vor Gericht klagte und kein Recht, sondern einen Bußgeldbescheid bekam. Der Grund ist zunächst verständlich: Maria Mukuna war nicht zum Verhandlungstermin gekommen. Auch als sie glaubhaft nachwies, dass sie nicht erscheinen konnte, weil niemand ihr den Termin mitgeteilt hatte, rückte das Gericht nicht von der Bußgeldforderung ab. Zum Schluss drohte es sogar mit Gefängnis. Maria Mukuna gab nach und zahlte.

Die Geschichte ist eine unter vielen, die im Café Tuba im Zülpicher Viertel zum Besten gegeben wurden, als dort am Sonntag das Buch „TheBlackBox – Deutschlands Häutungen“ vorgestellt wurde. Über 40 Autoren und Autorinnen erzählen darin in Essays, wissenschaftlichen Analysen und persönlichen Erfahrungsberichten über Rassismus, Diskriminierung, über die Alltagswelt schwarzer Menschen in Deutschland, über Bewusstsein, über Weiß-Sein, über vermeintliches oder tatsächliches Anderssein und seine Folgen.

„Die Idee zu dem Buch drängte sich uns förmlich auf, als immer öfter Menschen in unsere Beratung kamen, die wegen ihrer Hautfarbe beleidigt oder benachteiligt wurden“, sagt Susanne Laaroussi. Sie arbeitet im Antidiskriminierungsbüro (ADB) Köln, das gemeinsam mit der Berliner Multimedia-Agentur cyberNomads das Buch „TheBlackBox“ herausgegeben hat, das zunächst nur als Broschüre geplant war. „Doch wir merkten schnell, wie komplex das Thema ist“, sagt Laaroussi. So sei ein ganzes Buch entstanden, das einerseits versuche, Unbewusstes bewusst zu machen und andererseits strukturellen Rassismus aufzudecken. Ihre Erfahrung aus der Antidiskriminierungsarbeit zeige, dass Hautfarbe als Kriterium zur Beurteilung von Menschen dient.

Laaroussi meint damit Maria Mukuna oder die Frau, die vor Jahren in der Kölner Straßenbahn wegen ihrer Hautfarbe als „Negerschlampe“ beschimpft und geschlagen wurde. Oder die Kinder, die ungerechtfertigter Weise auf Haupt- oder Sonderschulen geschickt werden. „Aussortiert wegen ihrer Herkunft“, sagt Laaroussi über diese Form struktureller Diskriminierung.

„TheBlackBox“ ist ein Buch, das versucht, das Selbstbewusstsein und die Selbstbestimmtheit schwarzer Menschen in Deutschland zu stärken. Es wirft die Frage danach auf, was Hautfarbe und Herkunft bedeuten. Aufsätze wie der von Ursula Wachendorfer über „Weiß-Sein in Deutschland“ decken dabei scheinbar schlichte Wahrheiten auf wie die, dass Weiße für Weiße unsichtbar sind. Weiß-Sein sei offensichtlich kein Identitätsmerkmal. Schwarz-Sein dagegen schon – mit oft gravierenden Folgen.

„TheBlackBox“, IKO – Verlag für Interkulturelle Kommunikation, ISBN 3-88939-745-X, 19,90 Euro