Ehrenfelder kämpfen für den Erhalt einer Oase

Pläne, den Ehrenfelder Kwatta-Park ohne Anhörung der Anwohner zu bebauen, stoßen auf Widerstand. Vor allem eine geplante Disko stößt den Leuten auf. Die Stadt versteht die Aufregung nicht, sie kann und will den Park verkaufen

Köln taz ■ Seit Jahren sucht die Stadt Investoren für vier alte, unter Denkmalschutz stehende ehemalige Brauereikeller in Ehrenfeld. Jetzt hat sich wieder einer gemeldet, will dort eine Disko betreiben. In einem Aufwasch, so stellt es sich das Stadtplanungsamt vor, könne gleichzeitig der darüber liegende Kwatta-Park bebaut werden. Bürger und Lokalpolitiker wurden im Vorfeld nicht gefragt. Jetzt formieren sie sich zum Widerstand. Sie fürchten nicht nur den Verlust der Erholungsfläche, sondern auch Lärm, mehr Verkehr, eine Verschattung ihrer Wohnungen.

Anne Luise Müller, Leiterin des Stadtplanungsamtes, kann die Aufregung nicht verstehen. „Für uns ein ganz normaler Vorgang nach Paragraf 34“, erklärt sie den „verwaltungsinternen Auftrag, eine mögliche Bebauung zu prüfen“. Der Paragraf legt fest, dass gebaut werden darf, wenn sich das Bauvorhaben in „die Eigenart der näheren Umgebung einfügt“. Auf ihn beruft sich die Kölner Verwaltung immer wieder, sei es, wenn der Neubau des Axa-Gebäudes an der Gereonstraße zwei Stock höher als der alte werden soll oder wenn anstelle der ehemaligen Bundesärztekammerzentrale eine kleine Stadtsiedlung entstehen soll. Setzt sich die Verwaltung mit Verweis auf Paragraf 34 durch, ist die Mitsprache von Bürgern und Politik bei der Planung ausgeschlossen, diese müssten nicht einmal vorab informiert werden.

Als die Gerüchte von der Disko aufkamen, versuchte die Bezirksvertretung, die Notbremse zu ziehen, und beschloss einstimmig die Erstellung eines Bebauungsplanes für das Karree, das etwas größer als ein halber Fußballplatz ist und zwischen Mechtern-, Roß-, Barthel- und Vogelsanger Straße liegt. Dem muss allerdings noch der Rat zustimmen. Bei der Erarbeitung des Plans, der die künftige Nutzung und Art der Bebauung festlegt, müssen auch die Bürger angehört werden. Von den oberirdischen Bebauungsplänen erfuhr Bezirksvorsteher Josef Wirges (SPD) erst nach der Abstimmung. Jetzt müsse erst recht der Bebauungsplan her, damit die Bevölkerung mitgestalten könne, erklärte er der taz.

Grundsätzliche Bedenken gegen eine Bebauung – „sie muss sich einfügen“ – hat Wirges allerdings ebenso wenig wie seine Stellvertreterin Petra Wilke (Grüne). Einig sind sie sich auch in der Ablehnung einer Disko. „Die passt nicht in das Wohngebiet“, stellt Wilke klar. „Wir müssen für interessierte Investoren ein Paket schnüren“, begründet die Verwaltung ihre Pläne für den Kwatta-Park, benannt nach einer 1968 hier geschlossenen Schokoladenfabrik. Wie viel die Keller kosten sollen, stehe allerdings noch nicht fest. Für den Umbau der 35 Meter langen, sieben Meter breiten und sechs Meter hohen Gewölbe dürften jedenfalls Millionen Euro nötig sein. Als Interessent war Dominik Deubner von der Eventagentur Domset im Gespräch. Der sagt auf Anfrage nur: „Kein Kommentar“. Immerhin führte das Wort „Kwatta“ in der Internet-Suchmaschine Google zeitweilig direkt zur Domset-Agentur.

Der Park war in den 70er Jahren mit Landesmitteln durch die Entkernung der umliegenden Hinterhöfe entstanden. Mit dem Zuschuss verbunden war die Auflage, das Gelände 25 Jahre lang als öffentlichen Park zu nutzen. Diese Frist ist jetzt abgelaufen, die Gelder müssten nicht mehr zurückgezahlt werden. Das Gelände könnte also zugunsten der leeren Stadtkasse verkauft werden. Der Park macht einen verlotterten Eindruck, es fehlt das Geld zur Pflege.

Zur Bebauung verkauft werden soll auf jeden Fall ein unbebautes Grundstück in der Roßstraße, das an den Park grenzt. Veräußern will die Stadt dort auch zwei ehemals zur Fabrik gehörende Häuser, in denen derzeit rund zehn Künstler arbeiten. Diesen habe man ein Kaufangebot gemacht, auf jeden Fall aber werde eine langfristige Bestandssicherung der Mietverhältnisse angestrebt.

Gegen die Parkbebauung und eine mögliche Disko haben sich gut 50 Anwohner zusammengeschlossen. Initiativenmitglied Ulrike Hedwig befürchtet den Verlust einer der wenigen öffentlichen ruhigen Grünflächen in Ehrenfeld. Davon wären besonders die Bewohner zweier Seniorenheime betroffen. „Wir wollen aber nicht nur etwas verhindern“, sagt ihre Mitstreiterin Margret Paus. „Wir überlegen, ob wir nicht die Patenschaft über den Park übernehmen können.“JÜRGEN SCHÖN