editorial
: Fröhliche Weihnachten!

Zugegeben: Die Gegenwart lädt nicht gerade zum Lachen ein, weder die Weltlage noch die deutsche Politik. Und dann auch noch das graue Winterwetter da draußen! Trotzdem findet sich zwischen Kriegen und Terror, Klimakrise, Rechtsruck und dichter Wolkendecke immer noch etwas, das uns erheitert – und sei es noch so kurz. Gut so, denn Lachen verbessert nicht nur das subjektive Wohlbefinden und stärkt das Immunsystem, es dient auch als soziales Schmiermittel und hilft dabei, unangenehme oder schreckliche Dinge zu verarbeiten.

Zu Weihnachten wollen wir deshalb den Blick auf die fröhlichen Seiten des Lebens richten. Falls Sie sich auch keine Witze merken können: Auf Seite 32 finden Sie eine Auswahl, vom Klimawandel bis zur schwäbischen Hausfrau. Und wir haben uns auf die Suche nach dem Ursprung des Lachens gemacht. Dabei sind wir auf ein wahres Feuerwerk an Gehirnvorgängen gestoßen, die an so einem Kicheranfall beteiligt sind. Freud hat das Lachen sogar in den Rang des „Erhabenen“ erhoben. Dass Frauen öfter die Mundwinkel anheben als Männer, ist allerdings weniger witzig, da es meistens mit ganz profanen patriarchalen Erwartungen zu tun hat.

Wir haben eine Lachyoga-Trainerin getroffen, die weiß, wie man Gefühlsstau beseitigt und sich aktiv in eine Lachsalve hineinsteigert. Und wir haben festgestellt, dass sich Ärz­t:in­nen Sorgen um den Lachgaskonsum junger Menschen machen. Von Acts wie diehuepsche oder sveamaus erfahren wir, worüber in den sozialen Medien gelacht wird, und dass selbst grüne Cartoonfrösche leider nicht davor gefeit sind, zum rechtsradikalen Symbol zu werden. Vom alten Schlag, aber deswegen nicht weniger aktuell ist der Kabarettist Frank-Markus Barwasser, der als fränkelnder Hütchenträger Erwin Pelzig auf Perspektivwechsel, Aufklärung und Freundlichkeit setzt.

Foto: oxygen/getty images

Die gelben Smileys führen Sie durch eine subjektive Auswahl von Dingen, die uns zuverlässig zum Lachen bringen. Wir wünschen Ihnen zuckende Mundwinkel und rege Zwerchfellaktivität unterm Weihnachtsbaum. Oder, um es mit Barwasser alias Pelzig zu sagen: „Es muss nicht unbedingt schlimmer werden, aber es kann schlimmer werden, also genieß deine heutigen Probleme.“ Nina Apin, Antje Lang-Lendorff, Franziska Seyboldt

Höhö I

Was bitte ist am Aufbauen eines Ikeamöbels witzig? Wenn es Nele Pollatschek schreibt, dann geht das: „Die Pleumel waren der Fixpunkt, an dem sich durch die in den Plodden vorgebohrten Arzen ein Knülp befestigen ließ.“ Über ihrem Prokrastinations-Roman „Kleine Probleme“ krümmt man sich – während man weiter die Steuererklärung verschleppt und sich rund ums Lesesofa der Müll zu stapeln beginnt.

Höhö II

Die britische Komikerin Helen Bauer ist blond und trägt ein pinkfarbenes Kleid. Damit sieht sie wie ein typisches Girlie Girl aus, aber dafür ist sie zu raumeinnehmend. In ihrem Stand-up-Programm „Little Miss Baby Angel Face“ macht sie sich über „Petite Women“ lustig, aber am liebsten über sich selbst. Eine Stunde in Bauers Kopf ist wie eine Stunde im eigenen. Nur dass sie sich traut, das Chaos laut auszusprechen – und zwar mit dem genau richtigen ­Timing.

Höhö III

Gute Songs werden nie alt. Das gilt für Stromaes Debütsingle von 2009 ebenso wie für den Sketch über die Entstehung von „Alors on danse“. Darin erklärt der Schauspieler Jamel Debbouze dem auf dem Klavier klimpernden belgischen Musiker, wie man einen Hit produziert – Quaken wie eine kranke Ente, Fiepen wie ein durstiger Hund. Wie der Song mal eben in seine Akkorde zerlegt wird und wie zauberhaft schlaksig der junge Stromae tanzt: immer noch ganz großes Kino.