Kaum harte Fakten

Viel Broschüren, eine Website: Ministerin Renate Schmidt will Firmen zu mehr Familienfreundlichkeit bewegen

BERLIN taz ■ Es war der Tag der Bilanz: Zwei Jahre ist die „Allianz für Familie“ alt, in der Bundesfamilienministerin Renate Schmidt (SPD) mit Wirtschaft und Gewerkschaften für eine familienfreundlichere Arbeitswelt streitet. Gestern nun äußerte sich die Ministerin zufrieden: „Wir haben das Thema aus der Randständigkeit geführt – und zwar mit ökonomischen Argumenten.“ Auch Ludwig Georg Braun, Präsident der Industrie- und Handelskammer (IHK) und Bündnispartner der Ministerin, sieht die Aktion als Erfolg: Familienfreundlichkeit sei mittlerweile ein „harter Standortfaktor“.

Die Idee hinter der Allianz: Viele Firmen drücken sich nicht aus bösem Willen um mehr Familienfreundlichkeit. Sie sind lediglich zu schlecht informiert und überschätzen die Kosten. Das Familienministerium steuerte gegen mit einer Info-Offensive. Gestern schaltete es die Website www.mittelstand-und-familie.de frei. Schon länger legen Broschüren Kosten und Nutzen der Elternförderung dar, in jeder der 81 IHKs widmet sich ein Ansprechpartner dem Thema. Mittlerweile existieren 150 lokale Bündnisse für Familie, in denen sich etwa Betriebe verpflichten, Mitarbeiter in Elternzeit zu Fortbildungen einzuladen und ihnen Teilzeiteinsätze zu ermöglichen.

Mit konkreten Zahlen, wie viele Mütter und Väter nun wirklich besser dastehen als zwei Jahre zuvor, konnte die Ministerin indes nicht aufwarten. Lediglich eine Tendenz ist dokumentiert: Die Zahl der Betriebskitas verdoppelte sich, stellt aber nur zwei Prozent aller Kitas dar. Ansonsten, so räumte die Ministerin ein, sei noch kaum untersucht, wie oft der guten Absicht auch tatsächlich Taten folgten.

Schmidt nutzt die Gunst der Stunde, um auf die Unterstützung des Mittelstands auch für andere ihrer familienpolitischen Projekte zu verweisen. So äußerte sich Braun positiv über das von Schmidt propagierte „Elterngeld“, eine Idee, die aus Schweden entlehnt ist: Ein Jahr lang sollen etwa 70 Prozent des Nettogehalts an Mutter oder Vater in der Babypause gezahlt werden. Die Finanzspritze soll gerade Gutverdienern Mut zum Kind machen, die Zusatzkosten bemisst das Ministerium auf 1,3 Milliarden Euro pro Jahr. Wie groß die Zukunftschancen des Projekts sind, ist jedoch unklar. Anders als die „Allianz für Familie“, die parteiübergreifend Befürworter findet, ist das Elterngeld höchst umstritten. COS

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