Belastungsprobe einer wirklich besonderen Beziehung

Vor dem Duell gegen den FC Bayern ist die Lage beim 1. FC Köln kompliziert. Trainer Steffen Baumgart wirkt angespannter denn je

Aus Köln Daniel Theweleit

Es ist nicht so einfach, Zuversicht zu verbreiten für die Verantwortlichen des 1. FC Köln vor dem Duell gegen Bayern München am Freitag. Die Schwere dieses Herbstes ist überall spürbar am Geißbockheim. Der Abstiegsplatz und die vielen verlorenen Spiele zuletzt haben Spuren hinterlassen. Auch im Gesicht von Steffen Baumgart, der ernster wirkt als in seinen ersten beiden Jahren im Rheinland, angespannter. Zwar sagt er zum Besuch des Rekordmeisters: „In so einem Spiel am Rand stehen zu dürfen in der Bundesliga, mehr geht nicht, und in den vergangenen beiden Jahren waren alle Duelle mit den Bayern sehr besonders.“ Vor gut zwei Jahren haben Baumgarts Kölner sogar einen 0:2-Rückstand in einen 3:2-Sieg verwandelt, aber so viel Druck wie diesmal hatte der Trainer noch nie vor einer Begegnung mit dem Rekordmeister.

Schließlich gehört Köln zu jenen Standorten, wo in Krisenphasen schnell personelle Konsequenzen gefordert und oftmals umgesetzt werden. Der Klassiker ist ein Trainertausch im Herbst, aber Baumgart ist sehr beliebt und hat in den vergangenen Jahren hervorragend gearbeitet hat, deshalb steht diese Option nicht ernsthaft zur Debatte. Zumal der Kader im Sommer durch die nicht gleichwertig ersetzten Abgänge von Ellyes Skhiri und Jonas Hector schwächer ist als zuvor. Vor allem jedoch hat der Vorstand gerade erst in einem Newsletter an die Mitglieder angekündigt, „mehr Ruhe und Struktur, mehr langfristiges Denken in die Arbeit des FC einfließen zu lassen“, gerade im „schnelllebigen sportlichen Bereich“.

Dass hier ein Idyll nach dem Vorbild des SC Freiburg entstehen wird, glaubt Baumgart trotzdem nicht. Mit der mageren Ausbeute von sechs Punkten nach elf Spieltagen noch im Amt zu sein, sei „nicht selbstverständlich“, sagt der Trainer. „Es geht im Fußball nicht darum, ob du deine Leistung bringst oder ob du deinen Fußball weiterspielst, am Ende gibt es immer nur ein Ergebnis. So es ist in unserem Job, damit müssen wir leben. Auch wenn es manchmal traurig ist.“

Das klingt ziemlich fatalistisch. Baumgart sagt, er freue sich über ein „sehr enges, aber auch sehr kritisches Miteinander“ mit der sportlichen Leitung des Klubs, „das bedeutet aber nicht, dass ich in einigen Wochen oder Monaten in jedem Fall noch Trainer bin, sondern es bedeutet, dass wir jetzt in dem Moment glauben, auf dem richtigen Weg zu sein“. Die rasend schnelle Misserfolgs­dynamik vor der Trennung von Union Berlin und dem scheinbar perfekt zu diesem Klub passenden Trainer Urs Fischer, mit dem Baumgart befreundet ist, ist ein warnendes Beispiel.

Bei Baumgart kommt hinzu, dass er nicht von allen Entscheidungen überzeugt ist, mit denen er in Köln leben muss. Er sagt das nicht offen, weist aber auf Traditionsvereine in England hin, denen es „richtig gut geht“, und erwidert auf den Hinweis zu deren Investoren: „Ich bin beim 1. FC Köln, und der 1. FC Köln hat sich klar dazu bekannt, dass der Verein ohne so einen Partner auskommen möchte. Diesen Weg gehen wir.“ Dass die Kölner Klubführung mit Konsequenz Altlasten abbaut, um mittelfristig mehr Geld in den Kader stecken zu können, mag vernünftig erscheinen, aber für einen Trainer, der damit rechnen muss, in dieser mittelfristigen Zukunft längst anderswo zu arbeiten, ist dieser Weg nicht einfach.

Wie jeder Trainer hätte Baumgart gern die Möglichkeit, sich auf dem Transfermarkt in teureren Segmenten umzusehen, aber es ist schon auch so, dass er sich selbst hinterfragt. Nach manchen Niederlagen übernimmt er demonstrativ die Verantwortung. Einen Coup gegen die Bayern erwartet kaum jemand in Köln. Aber in den Wochen danach wird erkennbar werden, wie es weitergeht mit der besonderen Beziehung zwischen diesem Klub und seinem ­Trainer.