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Noch viel Potenzial

Auch in kriegerisch-unsicheren Zeiten versprechen Investments in grüne Energien trotz mancher Widersprüche gute und sichere Renditen

Wider alle Beteuerungen läuft die Energiewende in Deutschland nicht rund. Während im letzten Winter über die Verlängerung der Laufzeiten der letzten Atomkraftwerke gezetert wurde, eröffnete zum Beginn der diesjährigen Heizperiode Bundesfinanzminister Christian Lindner eine Debatte, die eigentlich längst erledigt schien: So sagte der FDP-Vorsitzende Anfang November, dass man „die Träume vom Ausstieg aus dem Kohlestrom 2030“ beenden solle. Es ampelt wieder heftig in der Koalition – die German-Energiewende scheint trotz hehrer Ambitionen in einer tiefen Sinnkrise.

Das Interesse an privaten Anlagen in erneuerbare Energien bleibt dennoch ungebrochen: „Die Bereitschaft ist größer denn je“, stellt Peter Lüders-Bahlmann aus dem schleswig-holsteinischen Elmshorn fest. Der Fachberater für nachhaltige Investments registriert ein stark wachsendes Interesse in seinem Umfeld. Trotz aller Widersprüche, ob nun Heizgesetz oder ein Steinkohlen-Salto-mortale à la Lindner. „Das Thema erneuer­bare Energien ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen“, sagt Lüders-Bahlmann. Wissen doch mittlerweile alle, dass nur der Ausstieg aus den fossilen Energien und der massive Ausbau der erneuerbaren Energien eine wirksame Klimapolitik ermöglicht. Hinzu komme, so der Investmentberater für ökologische Anlagen, dass über 2,5 Billionen Euro auf der hohen Kanten vieler Deutscher liegen.

Ein großer Batzen, der trotz gestiegener Zinsen auf den Dispo- und Sparkonten dieser Welt nicht viel abwirft. Dagegen bringen Geldanlagen in Fonds, die in Projekte der erneuerbaren Energien fließen, mindestens 5 Prozent, in vielen Fällen sogar 7,5 Prozent an jährlicher Rendite, so Lüders-Bahlmann. Sein Portfolio reicht von offenen, an Börsen gehandelten Fonds bis zu geschlossenen Fonds, bei denen eine direkte Beteiligung möglich ist. Auch mit Beträgen ab ein paar Tausend Euro aufwärts könne man sich beteiligen. Wer über eine private Altersversorgung nachdenkt, für den könne auch ein Rentenplan mit Investments in Solar- und Windenergie in Höhe von monatlich dreistelligen Beträgen interessant sein. Deren Rendite läge bei 5 bis 6 Prozent, versichert der gelernte Bankkaufmann, der mit seinem Unternehmen Ökologische Finanzberatung Nord Mitglied bei der Ökofinanz 21, einem bundesweiten Netzwerk für nachhaltige Vermögensbildung, ist.

Dass das Interesse an Investitionen in Projekte erneuerbarer Energien, am besten mit direkter Beteiligung als Kommanditist, gleichbleibend hoch sei, bestätigt Markus Hrach, Geschäftsführer des Landesverbandes Erneuerbare Energien (LEE) in Schleswig-Holstein. Allerdings seien direkte Beteiligungen insgesamt im Vergleich zu früher nicht mehr so einfach möglich, weil die regulatorischen Rahmenbedingungen deutlich schwieriger geworden seien. „Bestehende Bürgerwindparks laufen gut, doch gibt es kaum Neugründungen“, kritisiert Hrach, „weil eben das Risiko für eine Beteiligung zum einen wegen des Ausschreibungsverfahrens und zum anderen wegen drohender Klagen gewachsen ist“. Dabei läge, so seine Einschätzung, so viel Geld von investitionsbereiten Bürgern bereit wie nie zuvor. Doch die Realisierung von Bürgerprojekten vor Ort sei aus besagten Gründen aktuell deutlich schwieriger denn je.

Das verhält sich konträr zum Anspruch, die Energiewende schnell und konsequent voranzubringen. Trotz des überall eingeforderten Ausbaus der erneuerbaren Energien bleibt ein kritischer Blick auf die jeweiligen Projekte unverzichtbar. Beispielsweise ist der Flächenverbrauch bei der Installation von Photovoltaik-Anlagen auf unbebauten Weide- und Ackerflächen nicht zu unterschätzen. Obwohl es innovative Ansätze wie die Agri-Photovoltaik gibt, bei der sich Photovoltaik-Anlagen und Landwirtschaft die Fläche teilen, ist zu bedenken, dass gleichzeitig fast 90 Prozent der in Deutschland für die Installation von Photovoltaik-Modulen geeigneten Dachflächen ungenutzt bleiben. Trotz solcher Einwände steige das Gewicht der Photovoltaik; die Solarstrom­erzeugung gewinne weiter an Bedeutung am Kapitalmarkt, konstatiert Lukas Feldmann, Pressesprecher der GLS Bank.

„Solar ist insgesamt berechenbar gegenüber anderen Themen des Sektors geworden“, unterstreicht auch sein Kollege Daniel Tubik, Portfoliomanager bei der GLS Investments, einer hundertprozentigen Tochter der GLS Bank. Deren Anspruch ist es, die Ersparnisse ihrer Kunden in tatsächlich nachhaltig konzipierte erneuerbare Energien zu lenken. Auf jeden Fall: far far away from Lindner.

Dierk Jensen