CDU holt die Basis ins Boot

Die Kölner CDU hat sich für das Mitgliederprinzip und damit für mehr Basisdemokratie entschieden. Dennoch könnten die Top-Strippenzieher weiterhin ihren Einfluss sichern

Köln taz ■ Fast 1.000 Anhänger der Kölner CDU haben am Dienstagabend entschieden, dass künftig in allen wesentlichen Sach- und Personalfragen die Mitglieder das Sagen haben. Die 6.500 CDUler im Kölner Kreisverband sollen gemeinschaftlich eingeladen werden, das Delegiertenprinzip wird abgeschafft. Erwartet wird, dass die einflussreichsten Strippenzieher nun mit Bussen ihre Unterstützer zu den Parteitagen karren.

Der Generalsekretär der Bundes-CDU, Volker Kauder, redete der Basis im Gürzenich massiv ins Gewissen. Er plädierte leidenschaftlich für den Plan des Kölner CDU-Chefs Walter Reinarz, der mit dem Mitgliederprinzip ein Mehr an Demokratie und Transparenz verbindet. „Wenn die Mitglieder entschieden haben, dann haben sie gesprochen, und das muss man akzeptieren“, rief Kauder dem versammelten Parteivolk entgegen. Einer, der besonders heftig nickte, war Richard Blömer. Der ehemalige Vorsitzende, der als Landtagskandidat wegen seiner Affären verhindert wurde, rechnet sich Chancen aus, bei basisdemokratischen Abstimmungen wieder Oberwasser zu bekommen.

Reinarz erläuterte unterdessen, dass das Delegiertenprinzip „unglaublich kompliziert, zeit- und personalaufwendig“ sei. Weil zunächst in allen 44 Ortsverbänden Vertreter für eine Delegiertenversammlung gewählt werden müssten, und das in der kurzen Zeit gar nicht möglich sei, könnten die Bundestagskandidaten für die Neuwahl im Herbst womöglich sogar allein vom Vorstand aufgestellt werden: „Die Mehrheit von Ihnen dürfte nicht mitentscheiden, wer die CDU Köln und damit Ihre Interessen im Deutschen Bundestag vertritt.“

Einige Stadtbezirksfürsten jedoch streuten Salz in die bereits angerührte Parteitagssuppe. „Ich möchte Sie wieder auf den Boden der Tatsachen zurück holen“, störte Thomas Portz die Einmütigkeit. „Der Partei wird durch das Mitgliederprinzip auf Dauer Schaden entstehen.“ Portz warnte davor, dass nach anfänglicher Euphorie die Bereitschaft zum Besuch der Versammlungen abnehmen werde. In anderen Kreisverbänden habe sich gezeigt, dass nach gut eineinhalb Jahren sogar weniger Mitglieder kämen als zu der Zeit, als es noch Delegierte gab. FRANK ÜBERALL