IM URLAUB
: Sortimentswechsel

Zwei Tage braucht der Biorhythmus

Elf Tage dauert es, aus einer Supermarktfiliale eine andere zu machen. Von Samstag bis Dienstag. Dann wird aus Orange-Blau Gelb-Rot. Dann wird aus vorne rechts Brot vorne links Brot. Und eigentlich war es schon abzusehen gewesen. Erst war plötzlich der leckere Espresso nicht mehr da. Dann kamen komische Turnschuhe hinzu. Und auch Parmesan am Stück gab es schon länger nicht mehr. Stattdessen gab es große Lücken im Sortiment. Aber ich hatte mir nie etwas dabei gedacht.

Zwanzig Minuten Urlaub braucht es nur, bis man all diese Dinge wiedersehen kann. Dass die Menschen hier mit Mangelerscheinung auf die Welt zu kommen scheinen und dass das Licht wirklich nicht auszuhalten ist. Zwanzig Minuten Urlaub braucht es, bis man die Dinge wieder hören konnte. Dass der Nachbar im Fenster Tiergeräusche imitierte und dass der Mann mit dem Hausmeisterschlüsselbund die Trinker daran erinnert, dass Maria irgendwo wartet. Zwanzig Minuten, in denen man überlegt, mit wem man die plötzliche Freiheit teilen könnte, und in denen man überlegt, was als Erstes zu tun ist und woher man nun ein Auto bekommen könnte. Dann scheint alles wieder sonderbar und aufgeladen mit verschachteltem Sinn.

Fremde Menschen rufen an und behaupten, man habe ihnen in der Disko mal seine Nummer gegeben, oder das Haus gegenüber sieht so aus, als würde es aus ihm qualmen. Aber ich gebe keinen fremden Menschen in Diskos meine Nummer, und ich möchte auch nicht, dass der Supermarkt sein Sortiment ändert.

Vier Tage Urlaub braucht es, bis die Schultern keine Knubbel mehr haben. Zwei Tage braucht es, bis der Biorhythmus wieder umgedreht ist. Zwei zum Gewöhnen. Drei zum Vergessen. Fünf zum Langweilen. Sieben zum Aufgeben. Vierzehn zum Ende. Und dann war auch der Supermarkt wieder geöffnet.

LAURA EWERT