Basketball im Aufwind

Die deutschen Basketballer haben mit ihrem WM-Titel Geschichte geschrieben. Der erhoffte Schwung im Breitensport ist schon da – zumindest bei den Jungs

Von Sven Bleilefens

Mehr als 150 Kinder aus der Nachwuchsabteilung des Basketballvereins Hamburg Towers waren da, als der frisch gebackenen Weltmeister Justus Hollatz kurz nach dem WM-Finale in der Halle vorbeischaute. Der 22-Jährige hatte selbst als Eigengewächs hier gespielt. Eine super Sache für den Nachwuchs –doch gibt der historische Sieg der deutschen Basketballer bei der WM dem Breitensport wirklich den erhofften Schwung?

Einen Effekt stellt Angela Gruber, Vorsitzende der Kieler Förde Baskets, schon fest: Es gebe aktuell fast täglich neue Anfragen „Bis jetzt nehmen wir noch alle auf“, sagt Gruber. Aber langsam werde es knapp, vor allem bei den U16 Jungs. Für den jungen Verein, 2018 gegründet, sei das eine Herausforderung. Die Teams werden größer, Sport­le­r*in­nen mit unterschiedlichen Leistungsständen treffen zusammen und dann braucht es irgendwann zusätzliche Trainer*innen.

Die Mitgliederzahlen des Deutschen Basketball Bundes von 2022 zeigen: Mit über 215.000 Mitgliedern ist man schon wieder fast auf dem Rekordhoch von 2020 angekommen. Das bedeutet Platz 16 im Vergleich zu den anderen Spitzenverbänden im Sport. Man reiht sich zwischen Volleyball und Segeln ein. Ganz oben thront der Fußball mit über sieben Millionen Aktiven.

Der MTV Wasbüttel, etwa 20 Kilometer nördlich von Braunschweig, stellt schon länger eine hohe Nachfrage fest. Nach der Pandemie gab es laut Spartenleiter Rüdiger Czubba einen „richtigen Boom“. 100 der mittlerweile 130 Aktiven sind minderjährig. Sie kommen aus den umliegenden Orten in die kleine Gemeinde mit 2.000 Einwohnenden und verteilen sich auf sechs Jugendmannschaften, wobei es im gesamten Nachwuchsbereich nur knapp zehn Mädchen gibt. Ein weiterer Trend: Auf dem Feld wird es immer jünger. „Die Kleinsten sind sieben, acht Jahre alt“, sagt Czubba, Sechsjährige lehnen wir aktuell ab.“ In diesem Jahr hat die U10 angefangen, vor zwei Jahren habe es nicht einmal eine U12 gegeben. Auch auf Verbands­ebene werde der Fokus zunehmend auf jüngere Zielgruppen gesetzt, um mit konkurrierenden Sportarten mitzuhalten.

Ein ähnliches Bild ergibt sich beim Turn-Klubb Hannover. 25 Teams, alle sind voll. „Wir müssen Anfragen ablehnen“, stellt Nachwuchskoordinator Stefan Müller fest. Diese Entwicklung habe schon kurz vor der Pandemie eingesetzt, danach war die Nachfrage dann „quasi der Hammer“. Auch hier gibt es mehr Jungen- als Mädchenteams. Müller sagt, dass es für die Mädchen kaum lokale Konkurrenzvereine gebe. Es fehlten zudem Trai­ne­r*in­nen und Hallenplätze. Zumindest um Letzteres bemühe sich die Stadt Hannover aber bereits.

Der Niedersächsische Basketballverband (NBV) will mit möglichst weit verstreuten Lehrgängen Trai­ne­r*in­nen im ganzen Bundesland ausbilden. Es gibt die Rookie-Trainer*innen-Ausbildung für alle zwischen 13 und 27 Jahren. Mädchen und Frauen „würden wir auf jeden Fall gerne stärker fördern“, sagt NBV-Sprecher Tobias Ingler, es fehlten aber die entsprechenden Mittel vom Landessportbund. So kommt es, dass die weiblichen Aktiven in Niedersachsen weiter in der Unterzahl sind. Auch bundesweit machen sie nur ein Viertel aller Mitglieder aus.

Das gestiegene Interesse an der Sportart zeigt sich bei den Profis der Baskets Oldenburg auch auf anderen Ebenen: Nachfrage im Fanshop, mediale Präsenz, Ticketverkauf. „Wir könnten auch locker acht bis zehntausend Tickets verkaufen“, sagt Sprecher Roland Schekelinski mit Blick auf die rund 6.000 Plätze der Arena. Einen „gewissen Schub“ gebe es in Oldenburg schon seit ein bis zwei Jahren. Schekelinski erklärt sich dies mit sozialen Projekten des Vereins: Baskets 4 Life richtet sich an Kinder und Jugendliche, das angebotene Bewegungsprogramm in Kindertagesstätten beschäftigt die ganz Kleinen. Auch Eltern seien begeistert gewesen und zu Fans geworden, sagt Schekelinski. Der Verein sei „völlig überwältigt vom Feedback“. Unterstützung erwarten sie sich in Oldenburg auch am Montagabend, beim ersten Liga-Heimspiel gegen den FC Bayern.