Labour-Parteitag in Großbritannien: Wenn sich alle einig sind
In Großbritannien verfolgen Oppositionsführer Starmer und Regierungschef Sunak ähnliche Ziele. Trotzdem bestehen Unterschiede zwischen Labour und Tories.
D ie beiden Hauptrivalen um die Führung Großbritanniens schwimmen auf einer Welle: Die vergangenen 13 Jahre konservativer Herrschaft waren ein Desaster, das Land braucht einen Wandel. Das sagte Labour-Oppositionsführer Keir Starmer diese Woche auf seinem Jahresparteitag ebenso wie der konservative Premierminister Rishi Sunak auf dem eigenen Parteitag eine Woche zuvor. Wer verkörpert Veränderung glaubwürdiger: ein Amtsinhaber oder sein Herausforderer?
Die Antwort darauf dürfte nicht schwerfallen, und so liegt der Schluss nahe, dass Labours Wahlsieg 2024 so gut wie sicher ist. In diesem Fall wäre Keir Starmer der erste Labour-Führer seit Tony Blair, der im Jahr 1996, damals als Oppositionsführer, zu seiner Partei spricht und wenig später Premierminister wird. Schon dieser zeitliche Abstand von fast 30 Jahren macht deutlich, welche historische Bedeutung so ein Machtwechsel für Großbritannien hätte.
Gemessen daran ist es schon fast befremdlich, wie einig sich Starmer und Sunak sind. Veränderung, Aufbau, Investitionen in die Infrastruktur, bessere Bildung und Gesundheit, Reform der öffentlichen Dienste – der politische Konsens zwischen den Chefs von Tories und Labour erscheint größer als jeder Unterschied. Sunaks kontroverseste Ankündigung in seiner Parteitagsrede war die gestaffelte Einführung eines kompletten Tabakverkaufverbots. Starmer will nun Labour im Parlament dafür stimmen lassen.
Wenn die beiden großen Parteien eines Landes sich über die Probleme ihres Landes dermaßen einig sind, ist das eigentlich ein gutes Zeichen für lösungsorientierte Politik. Andererseits sollte es nicht völlig egal sein, wer die nächsten Wahlen gewinnt. Die Differenzen zwischen Tories und Labour existieren, und sie müssen irgendwann auf den Tisch.
Sonst wächst die Gefahr, dass die Einigkeit der Spitzenpolitiker von einem zunehmenden Anteil der Bevölkerung als Show abgetan wird und dass beide Lager an Glaubwürdigkeit einbüßen. Denn wenn den beiden so klar ist, was dringend zu tun ist, warum tun sie es nicht einfach?
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Krieg in der Ukraine
Biden erlaubt Raketenangriffe mit größerer Reichweite
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen
Donald Trump wählt seine Mannschaft
Das Kabinett des Grauens
Zweite Woche der UN-Klimakonferenz
Habeck wirbt für den weltweiten Ausbau des Emissionshandels