Bis zum Anschlag aufgedreht

Feiern Das Myfest wird zehn – und Kreuzberg ist eine Partymeile

Unweit vom Ballhaus Naunynstraße steht ein Student vorm Fenster seiner Parterrewohnung und verkauft den Inhalt seines Kühlschranks: kaltes Bier. Ganz Kreuzberg ist eine gefühlte Partymeile. Schon um 15 Uhr sind die Straßen rund um den Oranienplatz rappelvoll. Bis in die Nacht ändert sich daran nichts.

Das Myfest feiert seinen 10. Geburtstag. Letztes Jahr wurden 25.000 Besucher gezählt, dieses Jahr sprechen die Veranstalter von 30.000. 19 Bühnen sind es diesmal, von Reggae über türkischen Folk und Pop, Punkrock, HipHop bis hin zu Hardcore ist alles vertreten. Die Anlagen sind bis zum Anschlag aufgedreht – auch in hundert Metern Entfernung, wo die nächste Band spielt, ist der Sound noch mehr als laut zu hören. Der Klangteppich wirkt ähnlich betäubend wie die Grillschwaden von Köfte, Bratwürstchen und Nackensteaks.

Vor den Blumenrabatten am Mariannenplatz sitzen die älteren Semester der Migrantengeneration im Sonntagsstaat mit Kopftüchern und Schirmmützen, viele haben ihre Enkel dabei. Man wartet auf die türkische Folklore auf der zentralen Bühne. Um die Ecke wird Death Metal gespielt, vor der Bühne tanzt ein Punk mit kunstvollem Iro, die übrigen Zuschauer halten sich die Ohren zu. Die Hosenbeine schlackern. Auf dem Banner hinter der Bühne steht: „Gegen Nazis und Miethaie“. Kurzum: alle haben ihren Spaß – bis tief in die Nacht. Nur einige Regengüsse nerven. PLU, SM

Dresscode: Alles erlaubt und vertreten

Klassenkämpferischer Anspruch: Warte, bis es dunkel ist

Wichtigste Forderung: „Noch ein Bier!“

Dümmster Spruch: „Mama, ich will nach Hause“

Partyqualität: Volltrunken geht alles