Eine Einführung in ein kleines, aber wichtiges Land Europas

Aus Luxemburg Tobias Müller

Mit weniger als 2.600 Quadratkilometern ist EU-Gründungsmitglied Luxemburg das zweitkleinste Land der Europäischen Union. Von knapp 661.000 Ein­woh­ne­r*in­nen leben über 132.000 in der gleichnamigen Hauptstadt. Mehr als 47 Prozent der Bevölkerung sind Aus­län­de­r*in­nen – der höchste Wert in der EU. Anfang der 1960er waren es etwas über 13 Prozent. In der Hauptstadt liegt die Quote heute selbst bei 70 Prozent. Über 170 Nationalitäten sind im Land vertreten. Dazu kommen rund 197.000 Grenzgänger*innen, die aus den Nachbarländern zum Arbeiten nach Luxemburg pendeln.

Die weitaus meisten Mi­gran­t*in­nen kommen aus Portugal, auch Frankreich, Italien, Belgien und Deutschland sind stark vertreten. Eisen- und Stahlindustrie sowie Baugewerbe zogen nach dem Zweiten Weltkrieg zahlreiche Gast­ar­bei­te­r*in­nen an, die sich vor allem im schwerindustriellen Süden des Landes niederließen. Ihre heutigen Nach­fol­ge­r*in­nen sind vor allem gut situierte Expats, denn mit dem Strukturwandel des späten 20. Jahrhunderts wurde Luxemburg ein bedeutender Finanzplatz und Investmentzentrum. 2022 wies Luxemburg das weltweit höchste Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt auf. Die Veröffentlichung der Lux Leaks 2014 bescherte dem Land indes einen Ruf als Eldorado groß angelegter Steuerhinterziehung.

Das Großherzogtum, gegründet 1815 und zunächst vom niederländischen König regiert, ist seit 1839 unabhängig. Als Staatsoberhäupter fungieren seit 23 Jahren Großherzog Henri und Großherzogin Maria Teresa. Die Geschichte Luxemburgs ist geprägt von der Lage zwischen den Großmächten Frankreich und Preußen sowie dem ab 1830 neu gegründeten Belgien, die allesamt territoriale Ansprüche hatten. Aus dieser Zeit stammt das Landes-Motto “Mir wëlle bleiwe, wat mir sin“ („Wir wollen bleiben, was wir sind“). 1984 wurde Lëtzebuergesch neben Französisch und Deutsch dritte Amtssprache.

In den letzten Jahren gibt es Bemühungen, dessen Position als Teil der kulturellen Identität zu stärken. Nicht zuletzt die rechtspopulistische Alternativ Demokratesch Reformpartei (ADR) tut sich hier mit Losungen wie „Lëtzebuergesch, DÉI Sprooch fir eist Land“ („Die Sprache für unser Land“) hervor. Die linguistische Realität ist dabei wesentlich differenzierter. In der Öffentlichkeit trifft man meist eine Mischung der Landessprachen an, wobei im Süden das Französische dominiert und Portugiesisch durchaus sichtbar ist. Auch Englisch wird zunehmend zu einer lingua franca.

Regiert wird Luxemburg seit 2013 von einer links-liberalen Koalition, die nach ihren Parteifarben „Gambia“ genannt wird. Sie besteht aus der liberalen Demokratesch Partei (DP) von Premier Xavier Bettel, der Lëtzebuerger Sozialistesch Aarbechterpartei (LSAP) und Déi Gréng (Grünen). Die stärkste Fraktion in der Chamber ist jedoch nach wie vor die Chrëschtlech-Sozial Volleks­partei, international durch Ex-Premier und -EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker bekannt. Die CSV regierte Luxemburg ab 1945, mit Ausnahme von fünf Jahren in den 1970ern, ununterbrochen und steht für den konservativen Mainstream, der die luxemburgische Gesellschaft lange prägte.

Déi Lénk („Die Linke“) gewann 2013 und 2018 jeweils 2 der 60 Parlaments-Sitze. Doppelt so viele hatte zuletzt die rechtspopulistische ADR, die 2018 zu den Wahlgewinnerinnen zählte. Ob die Gambia-Koalition eine Fortsetzung finden wird, ist derzeit fraglich. Umfragen zufolge wird es rein rechnerisch knapp.

Rund 265.000 von gut 660.000 Ein­woh­ne­r:in­nen sind zur Wahl aufge­rufen. In Luxemburg gilt die Wahlpflicht.