Karlsruhe entscheidet: „Schutz der Bürger“ geht vor

STRAFTÄTER Karlsruhe billigt Sicherungsverwahrung nach gescheiterter Psychiatrieunterbringung

FREIBURG taz | Wenn sich ein gefährlicher Straftäter in der Psychiatrie als therapieunwillig erweist, dann kann nachträglich Sicherungsverwahrung angeordnet werden. Dies entschied das Bundesverfassungsgericht und wies dabei Einwände gegen eine entsprechende Bestimmung im Strafgesetzbuch zurück.

Sicherungsverwahrung bedeutet, dass ein Täter nach Verbüßung seiner Strafe nicht entlassen wird, sondern so lange in Haft bleiben muss, bis er nicht mehr als gefährlich gilt. Derzeit sind in Deutschland rund 400 Personen in Sicherungsverwahrung – im Vergleich zu 75.000 Straf- und Untersuchungshäftlingen eine geringe Zahl. Dennoch ist Sicherungsverwahrung stets hoch umstritten, weil sie ein massiver Eingriff in Freiheitsrechte ist, die Politik zugleich aber unter dem Druck steht, alle denkbaren Lücken zu schließen. So wurde 2004 die Möglichkeit, Sicherungsverwahrung nachträglich verhängen zu können, bundesweit eingeführt. Sie ist seitdem unter anderem auch dann möglich, wenn ein gefährlicher Täter aus einer psychiatrischen Unterbringung entlassen wird, weil er nicht behandlungsfähig oder -willig ist.

Hiergegen erhoben zwei konkret betroffene Sexualtäter Verfassungsbeschwerde. Die Neuregelung verstoße gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes, weil sie erst lange nach ihrer ursprünglichen Verurteilung eingeführt wurde.

Dies wies das Bundesverfassungsgericht aber zurück. Die Sicherungsverwahrung sei nicht viel belastender als die Psychiatrieunterbringung, deshalb seien die Straftäter durch den Wechsel der Maßregel nur „in begrenztem Maße“ belastet. Und auch diese Belastung sei durch das Ziel gerechtfertigt, „Leben, Unversehrtheit und Freiheit der Bürger“ zu schützen. (Az.: 2 BvR 2098/08 u. a.) CHR