Nah dran an Neonazis

Beschuldigter Polizist überrascht im Neukölln-Untersuchungsausschuss mit so manchen Antworten

Von Plutonia Plarre

Die Vernehmung des Polizisten Norbert M. am Freitag im Untersuchungsausschuss des Abgeordnetenhauses zur rechten Anschlagserie in Neukölln war mit großer Spannung erwartet worden. Tags zuvor war bekannt geworden, dass gegen M. ein Ermittlungsverfahren wegen der Weitergabe von Dienstgeheimnissen eröffnet worden ist. Die Informationen seien möglicherweise auch an die rechtsextreme Szene gelangt, meint die Generalstaatsanwaltschaft. Sieben Orte waren am Mittwoch durchsucht worden, darunter auch M.s Wohnung.

Mehr als vier Stunden dauerte die Befragung des 56-Jährigen. Der machte dabei nicht den Eindruck, ein Sympathisant von Rechtsextremisten zu sein. Im Gegenteil. Seit 2007 gehörte M. zu einer kleinen Dienstgruppe, die der rechten Szene in Neukölln das Leben schwer machen sollte. „Aus Überzeugung“ habe er sich in dieser Sache engagiert, so M.. Ob er ausschließen könne, dass Daten an dritte Personen weitergegeben worden seien? „Ich habe es nicht gemacht und das auch nicht festgestellt“, so M.

Bis 2016 gehörte M. der Ermittlungsgruppe Rechtsextremismus (EG Rex) an, von 2017 bis 2021 deren Nachfolgeorganisation OG Rex. Aufgabe der EG Rex sei es gewesen, die Neuköllner rechtsextreme Szene aus der Anonymität zu holen, zu identifizieren, Polizeipräsenz an deren Treffpunkten zu zeigen sowie Ansprechpartner für die von der Anschlagsserie Betroffenen zu sein, sagte M.

Ab 2015 hatte M. bei der EG Rex eine Führungsposition. Nur drei Beamte waren dort zu dieser Zeit noch tätig. Einer davon war der Beamte Stefan K. Jener K., der im April 2017 zusammen mit rechten Fans des 1. FC Union schwer betrunken einen afghanischen Asylbewerber krankenhausreif prügelte und dafür im März 2023 rechtskräftig verurteilt wurde.

Der Vorfall habe ihn „überrascht und schockiert“, sagt M. Dass „so etwas in ihm schlummert“, habe er bei der Zusammenarbeit nicht gemerkt. Eigentlich sollte auch Stefan K. am Freitag im Untersuchungsausschuss gehört werden, der aber hatte sich krankgemeldet.

Auf die Frage, warum es im Neukölln-Komplex keine Ermittlungserfolge gab, sagt M.: „Ich weiß es nicht, ich hätte mir das auch gewünscht.“ Als er 2007 in Rudow bei der EG Rex angefangen habe, habe die dortige Rechtsextremisten-Szene noch 120 Personen gezählt. 15-, 16-Jährige seien das gewesen, die sich aus Kita, Schule und dem Fußballclub gekannt hätten. Die Szene habe sich dann immer mehr reduziert, sagte M. Mit Beginn der Brandanschläge sei es keine offene Szene mehr gewesen. „Ein kleiner Kreis hat weitergemacht“.

Laut Welt soll M. versucht haben, die Ermittlungen auf eigene Faust voranzubringen und einen Informanten anzuwerben. Die Person, die er mit Dienstinterna bestückt haben soll, sei aber kein Neonazi gewesen, sondern ein Linker, der die Szene unterwandern wollte.

Die Parteienvertreter sprachen im Anschluss an den Ausschuss von einer gelungenen Befragung und einem glaubwürdigen Zeugen. Den Vorwurf des Geheimnisverrats könne der Ausschuss jedoch nicht beurteilen.