Im Kloster am Roman arbeiten

Der Schriftsteller Armin Wühle ist auf Einladung einer Stiftung in Goslar als Stadtschreiber zu Gast

Eine Theateraufführung mitten im Krieg, zu der die Besucher nur unter Lebensgefahr kommen können und die dennoch bis auf den letzten Platz gefüllt ist – eine Szene aus dem Roman „Getriebene“ von Armin Wühle, für den er sich mehrere Monate in Sarajevo aufhielt. Diese Passage trug der Autor gerade bei einer Lesung zum Antikriegstag in der Neuwerkkirche von Goslar vor.

Bis Dezember lebt Wühle als Stipendiat der Stiftung Kloster Neuwerk Maria in horto in einer extra eingerichteten Wohnung im ehemaligen Kloster Neuwerk am Rande des Harzes. „Das ist eine schöne Zweizimmerwohnung mit tollem Blick auf die Altstadt. Hier kann ich gut in Ruhe an meinem zweiten Roman schreiben“, freut sich der 32-Jährige. Daneben wird er in einem Blog über seine Eindrücke in Goslar berichten, Schreibkurse anbieten und mit verschiedenen Gruppen in Verbindung treten. „Ich möchte bei der Tafel Goslar mithelfen, mit der Aids-Hilfe in Kontakt treten und mit Initiativen zum Thema Waldsterben darüber sprechen, was die Klimaerwärmung für die Region bedeutet“, sagt Wühle und fügt hinzu: „Es ist schön, mit Menschen über Themen zu diskutieren, die mir wichtig sind und hoffentlich mit meinem Blick von außen auch gehört zu werden.“

Er wurde unter 67 Bewerbungen für das Stipendium Novum Opus ausgewählt. Dazu gehören neben der kostenfreien Wohnung auch 1.300 Euro monatlich. „Das ist gut dotiert. Für viele Autoren, die vom Schreiben leben, sind solche Stipendien sehr wichtig“, sagt Wühle. Er verdient seinen Hauptlebensunterhalt als Verantwortlicher für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit beim Netzwerk für traumatisierte Flüchtlinge in Niedersachsen, für ihn „der ideale Ausgleich zum literarischen Schreiben“.

Die 2010 gegründete Stiftung geht auf Eleonore Behrens zurück, die durch ihre Erbschaft den finanziellen Grundstock schuf. Zweck der Stiftung ist die Pflege und Förderung des Gemeindelebens in der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Neuwerk. Dazu gehört, in dem im 12. Jahrhundert gegründeten Nonnenkloster St. Maria in horto einen Ort der Einkehr und spirituellen Begegnung zu schaffen, an dem man sich mit Fragen des modernen Lebens auseinandersetzen kann. Im vergangenen Jahr erhielt Marie-Luise Eberhardt das Stipendium als Stadtschreiberin. Joachim Göres

Am 10. September präsentiert sich die Stiftung im Klostergarten, von 14 bis 17 Uhr ist Wühle zum Gespräch dort