Verletzungsdrama zum NFL-Saisonbeginn: Ein Herz für alte Männer
Footballstar Aaron Rodgers verletzt sich im ersten Spiel für die New York Jets und muss vom Platz. Deren ambitionierten Ziele sind nun in Gefahr.
A lle Augen waren zu Saisonbeginn auf dieses Duell gerichtet. Nach 18 Jahren bei den Green Bay Packers wollte der 39-jährige Aaron Rodgers, der in seiner Karriere bereits viermal zum Spieler der Saison gewählt wurde, noch einmal etwas Großes beginnen. Sein Wechsel zu den chronisch erfolglosen New York Jets war das Thema der vergangenen Monate in der National Football League.
Doch nach nur wenigen Minuten beim Auftaktmatch gegen die Buffalo Bills am Montagabend geraten die großen Pläne schon ins Wanken. Der Quarterback musste zum Entsetzen der über 83.000 Zuschauer humpelnd das Spielfeld verlassen. Trainer Robert Saleh sprach nach der Partie vom Verdacht auf einen Achillessehnenriss. Die Saison wäre damit bereits beendet. Immerhin konnten die Jets ihr Auftaktspiel trotz zwischenzeitlich größeren Rückstands letztlich nach Verlängerung 22:16 gewinnen.
Rodgers ist neben seinen herausragenden Spielmacherqualitäten für seinen Eigensinn bekannt. Während der Coronazeit erklärte er, allergisch gegen den Impfstoff zu sein, und stärkte wie auch manch andere US-Amerikaner sein Immunsystem mit einem Medikament, das bei Pferden zur Entwurmung eingesetzt wird. Bevor er sich zum Wechsel nach New York entschied, begab er sich in ein viertägiges so genanntes Dunkelheits-Retreat. Seine Überzeugung war, in Dunkelheit und Isolation den besten Weg für seine Zukunft ausfindig machen zu können.
Sein Elan danach war geradezu ansteckend. Obwohl er zuvor noch seinen Ruhestand als das wahrscheinlichste Szenario ausgemacht hatte, bezeichnete er nun seinen Wechsel zu den Jets als eine Win-win-Situation für alle. Einen Vertrag über drei Jahre, der ihm für diese Saison 36,9 Millionen und insgesamt 112,5 Millionen Dollar garantierte, ist aus Sicht eines 39-Jährigen durchaus profitabel. Und ans Aufhören wollte Rodgers plötzlich nicht mehr denken. Anfang August bekundete er, noch einige Jahre spielen zu wollen, und erklärte: „Wer weiß schon, was in acht oder neun Jahren passieren wird?“
Debatte über Kunstrasen
Nach der unglückseligen Premiere bei seinem neuen Klub wird Aaron Rodgers erst einmal damit beschäftigt sein, was die nächsten Monate passiert. In seinem Alter könnte eine derart schwere Verletzung mit dem Karriereende verknüpft sein.
Der Schrecken über den Vorfall ist auch andernorts groß. Und er könnte eine grundsätzliche Debatte befördern. Rodgers ehemaliger Teamkollege David Bakhtiari von den Green Bay Packers attackierte den Ligaverband: „Herzlichen Glückwunsch @nfl. Wie viele Spieler müssen sich noch auf Kunstrasen verletzen?!“ Für die Fußball-WM, die 2026 auch in den USA ausgetragen wird, würde man doch auch zum Schutz der Spieler Kunstrasen in den Stadien entfernen.
Bei den New York Jets steht derweil die Frage im Vordergrund, wer Rodgers ersetzen kann. Trainer Saleh erklärte, man plane künftig mit dem 24-jährigen Zach Wilson, der ihn bereits am Montag ersetzte und vergangene Saison noch in der Startformation stand. Eine Kompensation des prominenten Ausfalls nur mithilfe des eigenen Personals wäre aber auch gleichbedeutend mit dem Abschied von den ganz großen Zielen. In den Vorbesprechungen zu dieser Saison gab es manch einen, der die New York Jets gar zu den Anwärtern auf den Superbowl zählte. Über eine sehr passable Defensive verfügte das Team bereits in der vergangenen Spielzeit, mit Rodgers schien die Offensive beträchtlich an Qualität dazugewonnen zu haben.
Einige Jets-Fans träumen wohl auch deshalb in den sozialen Netzwerken von einem prominenten Ersatz. Die Quarterback-Legende Tom Brady solle zum Rücktritt vom Rücktritt überredet werden. Der 46-Jährige hat vergangene Saison sein Karriereende bei den Tampa Bay Buccaneers erklärt. Ein Rücktritt vom Rücktritt wäre bei Brady zumindest nichts Neues. 2022 hatte er schon einmal Abstand von seinen Ruhestandsplänen genomen. Und die New York Jets haben ja ein Herz für alte Männer.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!