piwik no script img

Einstellung des BVG-KundenmagazinsKein Faltplan mehr

Die BVG stellt das gedruckte Kundenmagazin „BVG Plus“ zum Dezember ein. Verloren geht damit auch die herausnehmbare Karte des Streckennetzes.

Mehr Handy als Gedrucktes Foto: dpa

Berlin taz | Es gab mal eine Zeit, in der nicht jeder Fahrgast in den öffentlichen Verkehrsmitteln wie erstarrt auf einen kleinen Bildschirm blickte. Es war die Zeit, als das Handy noch keine massenweise Verbreitung gefunden hatte. Dass sich die Menschen deswegen aufgeschlossen angeguckt, vielleicht sogar miteinander ins Gespräch gekommen wären, ist aber eine Legende. Zumindest in Berlin war und ist so etwas nicht üblich. Stattdessen guckte man eben wie erstarrt aus dem Fenster, in Bücher und Zeitungen – oder ins Kundenmagazin „BVG Plus“.

Seit 1996 liegt das kostenlose Heftchen, dessen Name ein Akronym für „Positiv, leistungsstark und sicher“ sein soll, in U-Bahnhöfen, Bussen und Straßenbahnen aus, zuletzt mit einer Auflage von 220.000 Stück. Monatlich neu und immer mit Geschichten über historische Trams, Kiezporträts anhand von Buslinien oder über die Ausbildung zur Busfahrerin.

Schön auch die Interviews mit mehr oder weniger Prominenten Menschen, die auf Nachfrage immer auch betonten, wie gern sie die BVG nutzen. Dazu ein buntes Sammelsurium über kulturelle und andere Stadtereignisse, interessant also auch für jene, die nicht zur eingefleischten Öffi-Bubble gehören und jede U-Bahn-Baureihe der letzten 100 Jahre herunterbeten können.

Der eigentliche Gebrauchswert des Magazins, vor allem in den Vor-Handy-Zeiten, bestand aber im U- und S-Bahn-Plan in der Mitte des Heftes. Nach einem vorsichtigen Aufbiegen der Klammern konnte man die Doppelseite herausnehmen und zusammengefaltet ins Portemonnaie stecken.

Wo ist der Schichauweg?

Jahrelang tat der Plan dort seine Dienste, wurde konsultiert, wenn man von der Heinrich-Heine-Straße zur unbekannten Julius-Leber-Brücke oder gar zum Schichauweg musste; die alphabetische Reihenfolge der Stationen samt Angabe eines Planquadrats, in dem diese zu finden ist, half dabei. Genutzt wurde die Taschenkarte, bis sie auseinanderfiel und durch einen neuen Plan aus einem aktuellen BVG-Magazin ersetzt werden konnte.

Lange geht das nun aber nicht mehr: Zum Dezember wird die gedruckte Aushabe eingestellt, ebenso wie das Mitarbeiter:innen-Magazin „Profil“. Augenscheinlich lassen sich mit den Werbeeinnahmen als einziger Einnahmequelle die gestiegenen Kosten, besonders für den Druck, nicht mehr refinanzieren.

Zu den veränderten Mediennutzungsgewohnheiten kommt dann auch noch die Konkurrenz, die sich die BVG selbst gemacht hat; mit ihrer App, dem „Berliner Fenster“ in Bussen und Bahnen sowie den neuen Groß-Anzeigetafeln an Haltestellen und Bahnhöfen. Infos über Streckenverläufe und über Bauarbeiten gibt es somit jederzeit frei Haus. Eine letzte Streckennetzkarte aber werde ich mir noch mal holen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!