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: „Heilige Schriften sind ambivalent“

Zum Auftakt geht es um Geschlechtsidentitäten: Das „Säkulare Forum“ in Hamburg eröffnet ein neues Gesprächsformat

Interview Benno Schirrmeister

taz: Herr Stubbe da Luz, warum braucht Hamburg einen neuen „Rederaum“?

Helmut Stubbe da Luz: Zunächst braucht den das „Säkulare Forum“: Wir haben es nötig, mal stärker programmatisch in die Öffentlichkeit zu treten.

Denn ein Forum ohne Öffentlichkeit ist keins.

Es hat bisher interne Forumsveranstaltungen gegeben –aber die hatten noch zu wenig Außenwirkung.

Wodurch unterscheidet sich ein säkularer von anderen Rederäumen?

Er unterscheidet sich besonders von den Foren, die seitens der unterschiedlichen Religionsgemeinschaften angeboten werden. Die machen so etwas ja traditionell auch – und keineswegs schlecht: Ich habe viel an Seminaren katholischer oder evangelischer Akademien teilgenommen. Wir sind keine eifernden Kirchengegner. Dort gibt es eine Menge hochintelligenter, kluger und diskussionsbereiter Leute. Zu denen muss das Säkulare Forum teils erst einmal aufschließen, um deutlich zu machen: Wir haben hier auch ein philosophisches und intellektuelles Potenzial, dass es mit anderen Veranstaltern aufnehmen kann.

Foto: privat

Helmut Stubbe da Luz

72, Historiker, Privatdozent an der Helmut-Schmidt-­Universität, ist Vorstandsmitglied des Säkularen Forums Hamburg.

Keine Konflikte mit den Kirchen – was soll dann das gemeinsame ausdrücklich säkulare Anliegen sein?

Keine Konflikte, stimmt nicht. Das Säkulare Forum fordert die Trennung von Staat und Kirche. Das ist natürlich noch kein Grundsatzprogramm. Es hätte aus meiner Sicht aber keinen Sinn, sich hinzusetzen, und ein säkulares Grundsatzprogramm aus einem Guss zu konstruieren. Als Säkulares Forum eint uns ein vernunftbezogenes humanistisches Anliegen. Damit das als Angebot von all jenen wahrgenommen werden kann, die sich von den Kirchen abwenden, muss detaillierte inhaltliche Substanz an den Tag gelegt werden. Aber es geht nicht um die Verbreitung einer Weltanschauung – noch darum, den Kirchen weitere Leute offensiv abzuwerben.

Viele neukirchliche, oftmals fundamentalistische Gemeinden beziehen ihren Reiz durch krasse Aussagen im Bereich Sexualmoral und Abwertungen der Genderdebatte. Setzen Sie mit Jan Feddersen als erstem Gast und dem Thema Geschlechter-Identität auf die genaue Gegenstrategie?

Diejenigen, die gegen Anerkennungspolitik, teils sogar gegen diese ganze Szene eingestellt sind, nutzen oft Argumente aus dem kirchlichen Bereich. Insofern ergibt sich hier für die säkulare Form fast von selbst ein Thema. Es ist natürlich bekannt, dass eine Menge kluger und toleranter Theologinnen und Theologen sich da von uns kaum unterscheiden.

Ihr Vorteil ist: Sie haben nicht noch eine geheiligte Überlieferung am Bein, deren Intoleranz Sie irgendwie wegdeuten müssen.

Neue Gesprächsreihe „Rederaum“ des Säkularen Forums: jeden 2. Dienstag im Monat.

Auftakt: „Geschlechts­identitäten, wohin führt Anerkennungspolitik?“ mit taz-Redakteur Jan Feddersen.: Di, 12. 9., 18 Uhr, Hamburg, Klub, Besenbinderhof 62

Ja, diese heiligen Schriften sind ambivalent. Die dauernde Anpassung an den gesellschaftlichen Wandel überfordert viele auch gutgesinnte Theologen egal welcher Glaubensgemeinschaft. Da hat die säkulare Szene einen Vorteil. Wir können uns etwas Neues gewissermaßen ausdenken.

Sie haben es nicht auf ein Streitgespräch angelegt, sondern einen Referenten eingeladen, der eine pointierte Position in der Kontroverse vertritt. Soll das immer so sein?

Nein, bis Jahresende sind zunächst Gesprächsrunden vorgesehen. Aber hier war uns wichtig und ein Glücksfall, mit Jan Feddersen einen zugkräftigen Referenten gewinnen zu können. Und dann sind wir ja zwei Moderierende: Uns beiden steht die im Gang befindliche Hin- und Her-Argumentation deutlich vor Augen. Vor allem meine Kollegin Tanja Trede-Schicker ist tief drin im Thema.