Lobbyverein zu politisch?

Der Bund der Steuerzahler ist zu Unrecht als gemeinnützig anerkannt. Das behauptet ein Rechtsgutachten im Auftrag der Organisation Campact

Einem anwaltlichen Gutachten im Auftrag des Vereins Campact zufolge ist der Bund der Steuerzahler zu Unrecht als gemeinnützig eingestuft. Das berichtete das Redaktionsnetzwerk Deutschland unter Berufung auf die 70-seitige Studie einer Rechtsanwaltskanzlei. Demnach verstößt der Bund der Steuerzahler gegen das Gebot des Verzichts auf „Beeinflussung der politischen Willensbildung im Sinne eigener Auffassungen“; eine Voraussetzung für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit. Die regelmäßig geäußerten „konkreten Umsetzungsforderungen an die Politik“ und „einseitigen Lösungsvorschläge“ des Steuerzahlervereins überschritten die Grenzen zulässiger politischer Betätigung für gemeinnützige Organisationen, heißt es laut RND in dem Gutachten. Campact-Vorstand Felix Kolb nahm das Gutachten zum Anlass, vor einer „Zweiklassezivilgesellschaft“ in Deutschland zu warnen. „Während konservative und neoliberale Vereine wie der Bund der Steuerzahler weiter als gemeinnützig gelten, bangen viele demokratiefördernde Vereine um ihre Gemeinnützigkeit“, sagte Kolb. „Dass in einem Rechtsstaat wie Deutschland so eklatant mit zweierlei Maß gemessen wird, ist absolut inakzeptabel.“ In den vergangenen Jahren war unter anderem der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN-BdA), der globalisierungskritischen Organisation Attac sowie Campact selbst die Gemeinnützigkeit entzogen worden. Kolb forderte eine umfassende Reform des Gemeinnützigkeitsrechts. Ziele wie „Engagement zu Grund- und Menschenrechten, Demokratie, Antidiskriminierung, sozialer Gerechtigkeit und Frieden“ müssten „endlich gemeinnützig“ werden. Zudem müsse es „gesetzlich erlaubt sein, dass ein Sportverein auch mal zu einer Demonstration gegen Rassismus aufrufen oder ein Karnevalsverein Betroffenen von Naturkatastrophen helfen darf“, forderte Kolb.

Im Frühjahr hatte die Organisation „Zivilgesellschaft in Zahlen“ eine Umfrage unter zivilgesellschaftlichen Organisationen durchgeführt. Demnach haben 5 Prozent der Befragten Angst, sich politisch zu engagieren – aus Sorge, ihre Gemeinnützigkeit zu verlieren. Im Bereich Umweltschutz gaben sogar 11 Prozent der Befragten an, sich politisch zurückzuhalten. (afp, taz)