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: Liebe Frauen, wie Sie sehen, bewegt sich nix

WoB-Index klingt erst mal vielversprechend: nach etwas, was Ökonomen lieben könnten, Zahlen, Kennziffern, Benchmarks, Berechenbarkeit in dieser unübersichtlichen, unberechenbaren Welt. WoB-Index steht für „Women on Board“-Index und dokumentiert den Anteil von Frauen in Aufsichtsräten und Top-Management. Ausgebrütet hat ihn der Fidar e. V., was wiederum für „Frauen in die Aufsichtsräte“ steht.

Theoretisch gibt es seit acht Jahren eine 30-Prozent-Geschlechterquote für Aufsichtsräte, der Haken ist nur: Sie gilt nur für 105 Unternehmen bundesweit. Nämlich die, die börsennotiert und paritätisch mitbestimmt sind, wo also Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu gleichen Teilen im Aufsichtsrat vertreten sind. In denen hat sich die Anzahl der vertretenen Frauen auch tatsächlich erhöht. Bei allen anderen? Nun ja.

Der Verein Fidar liefert unermüdlich Zahlen, Daten, Fakten zum Thema, seit 2022 auch speziell für Niedersachsen, gefördert vom Sozialministerium. Die 103 größten öffentlichen und privatwirtschaftlichen Unternehmen wurden hier analysiert. In Niedersachsen denkt man bei WOB natürlich erst einmal an das Autokennzeichen von Wolfsburg, anerkanntermaßen eine der hässlichsten Städte der Welt – die Zahlen des WoB-Index sehen aber nicht viel besser aus.

Schon 2022 bescheinigte die Analyse Niedersachsen vor allem, dass dieses Land den ohnehin mickrigen Bundesschnitt noch einmal unterbietet. Aber immerhin liegen hier überhaupt Zahlen vor – die anderen Bundesländer verzichten lieber darauf, die werden schon wissen, warum.

Nun hat Fidar nur ein Jahr später die nächste Analyse vorgelegt und dem Land bescheinigt, auf der Stelle zu treten. Es gibt ein Plus von sagenhaften 0,8 Prozent beim Frauenanteil in den Aufsichtsräten (auf 27,5 Prozent) und von 1,7 Prozent im Top-Management (auf 20,3 Prozent). Wie Sie sehen, bewegt sich nix. Treiber sind immer noch die öffentlichen Unternehmen, vor allem die kommunalen. Bei den Unternehmen mit Landesbeteiligung herrscht Stillstand, die privaten haben ein wenig aufgeholt – wobei das Ausgangsniveau niedriger war.

Wobei es schon ein wenig unfair ist, hier jetzt eine große Entwicklung ablesen zu wollen: So viele Aufsichtsrats- und Vorstandsposten werden in einem Jahr auch nicht neu vergeben.Aber es fallen ein paar Negativbeispiele auf: etwa die Oldenburgische Landesbank. Da ist der Vorstand rein männlich besetzt. Obwohl er spätestens seit dem 1. August 2022 mindestens eine Frau in seinen Reihen hätte dulden müssen, hat der Aufsichtsrat der Bank noch im Februar 2023 die Verträge von zwei männlichen Mitgliedern vorzeitig bis 2026 verlängert. Ähnlich sieht es bei anderen butterweichen gesetzlichen Vorgaben aus: Theoretisch müssten etliche Unternehmen Zielgrößen für den Frauenanteil in Aufsichtsräten, Vorständen und den zwei darunter befindlichen Managementebenen festlegen und veröffentlichen. Sie können es aber auch einfach lassen. Oder die Zielgröße null festlegen und für erreicht erklären. Konsequenzen: bisher keine.

Man denkt bei WoB an das Autokennzeichen von Wolfsburg, einer der hässlichsten Städte der Welt. Der WoB-Index sieht nicht besser aus

Ein weiteres Negativbeispiel spricht Niedersachsens Gleichstellungsminister Andreas Philippi (SPD) bei der Präsentation des WoB-Index an: Der Technikerverein in Braunschweig besteht weiter darauf, sein jährliches Festmahl als Herrenabend durchzuführen. Damit sich Politiker und Unternehmer in aller Ruhe austauschen können, ohne von Frauen gestört zu werden. Das sind vermutlich die Gleichen, die später behaupten, sie würden ja gern mal Frauen befördern, aber sie finden nie welche.

Und was machen die Fidar-Frauen? Feiern tapfer immer die gleichen Unternehmen, die es anders machen: Die Hannoverschen Verkehrsbetriebe Üstra zum Beispiel. Gut, dass die gleich drei Frauen an der Spitze hat. Dann können die sich auf den Diskussionspodien abwechseln. Nadine Conti