Der Aufklärung folgt Fahren und Erleben

Erdgasfahrzeuge sind keine exotischen Unbekannten mehr. Interessenten stellen heute andere Fragen als noch vor einigen Jahren, sagt Christian Jacobs. Der Projektleiter des Trägerkreises Erdgasfahrzeuge beantwortet diese Fragen

Die Agentur Scheben Scheurer und Partner betreut unter anderem im Auftrag des Trägerkreises Erdgasfahrzeuge die Website www.erdgasfahrzeuge.de . Christian Jacobs von der Agentur Scheben Scheurer und Partner ist Projektleiter und Sprecher der Trägerkreises. Er erläutert im Gespräch mit der taz, wie sich das Image von Erdgasfahrzeugen in den vergangenen Jahren gewandelt hat und wo es noch Aufklärungsbedarf gibt.

taz: Herr Jacobs, welche Fragen haben potenzielle Käufer von Erdgasfahrzeugen heute, wenn sie sich zum ersten Mal konkret mit der Technologie befassen?

Christian Jacobs: Bequemlichkeit, Service und Komfort stehen für die meisten Leute im Vordergrund, wenn sie sich mit dem Kauf eines Autos befassen – das gilt auch für Erdgasfahrzeuge. Ein entscheidender Aspekt für Interessenten ist das Tankstellennetz. Die Frage ist: Wo kann ich tanken, wie weit muss ich fahren, um an Erdgas zu kommen? Bei derzeit 574 Tankstellen im Bundesgebiet ist die Versorgung weitgehend flächendeckend. Lediglich auf Autobahnen und in einigen ländlichen Gebieten gibt es noch Lücken. Das Ziel der Gaswirtschaft ist, das Netz bis 2007 auf gut 1.000 Tankstellen zu erweitern. Dann wären auch die letzten Lücken geschlossen. Konkret hieße das: In Ballungsräumen soll alle 5 Kilometer eine Tankstelle mit Erdgaszapfsäule stehen, am Rande der Ballungsgebiete alle 10 bis 15 Kilometer und in ländlichen Gebieten alle 20 bis 25 Kilometer.

Beim Autokauf geht es nicht immer rational zu. Ist das Image von Erdgasfahrzeugen nicht eher verkaufshemmend?

Da hat sich in den vergangenen Jahren viel getan. Erdgasfahrzeuge haben eine ähnliche Entwicklung durchgemacht wie seinerzeit Dieselfahrzeuge. Der alte Mercedes D 200 hatte ursprünglich den Ruf, vor allem von Landwirten gefahren zu werden, die ihren Pkw schön billig mit Erdöl betanken. Diesel galt weder als sportlich noch als elegant. Das hat sich mittlerweile deutlich verändert. Dazu hat unter anderem auch die Entwicklung des Turbo-Diesels beigetragen. Bei Opel ist derzeit ein Erdgasfahrzeug mit Turbomotor in Arbeit. Abgesehen vom Segment der Sportwagen, bieten Autohersteller bereits die gesamte Palette von Fahrzeugtypen mit Erdgasantrieb an. Mit Kleinwagen wie dem Fiat Punto geht es los. Der Opel Zafira als geräumiges Familienauto, VW mit dem Golf Variant als Kombi und die Volvos V 70 und S 80 als elegante Limousinen runden das Angebot ab. Über rein ökonomische Argumente hinaus werden Erdgasfahrzeuge mittlerweile auch unter dem Aspekt von Eleganz und Komfort wahrgenommen. Einen Schwerpunkt bildet natürlich nach wie vor auch die praktische und kostengünstige Seite. Viele Unternehmen und Handwerker nutzen Erdgasfahrzeuge, etwa den Fiat Doblo oder den Opel Combo.

Gibt es bei potenziellen Käufern noch Aufklärungsbedarf hinsichtlich von Sicherheitsbedenken?

Mittlerweile hat sich bei den meisten Leuten bereits herumgesprochen, dass Erdgasfahrzeuge und deren Betankung sicher sind. Ein entsprechender ADAC- Test, der die Sicherheit belegt hat, hat die Runde gemacht. Vereinzelte Fragen gibt es immer wieder einmal. Aber die Ängste und Vorurteile wurden erheblich abgebaut. Die meisten Interessenten sind über die Sicherheit der Technik bereits gut informiert. Da sind wir, wie gesagt schon einen Schritt weiter: Der praktische Nutzen im Alltag – Kosten und Komfort – das steht bei den meisten im Vordergrund.

Sind Erdgasfahrzeuge denn überhaupt schon aus der Nische raus und bei einer Mehrheit allgemein bekannt?

Vonseiten der Anbieter wurde rund drei bis vier Jahre mächtig daran gearbeitet, Erdgasfahrzeuge bekannt zu machen. Das hat mittlerweile gefruchtet. Laut Marktforschung können über 60 Prozent der Befragten mit dem Stichwort Erdgasfahrzeuge etwas anfangen. Heutzutage muss man also nicht mehr bei null anfangen, wenn potenzielle Kunden angesprochen werden. Die Mehrheit hat zumindest schon einmal eine grobe Vorstellung, worum es bei dem Thema geht.

Nicht zuletzt die Feinstaubdebatte hat noch einmal Bewegung in das Thema gebracht. Wer derzeit über den Neukauf eines Pkw nachdenkt, hat nun noch einen Grund mehr, sich Erdgasfahrzeuge genauer anzusehen – mal ganz abgesehen von der Kostenfrage an der Zapfsäule. Damit können Erdgasfahrzeuge ja schon länger punkten. Was jetzt ansteht, ist nicht mehr Aufklärung von den Wurzeln an. Wir sind schon weiter: Jetzt geht es daran, die Erdgasfahrzeuge kennen zu lernen, zu erleben – sie zu fahren.

INTERVIEW: LARS KLAASSEN