Urteil im Brüsseler Terrorprozess

Sechs Angeklagte im Verfahren zu den Anschlägen in Belgien 2016 des Mordes schuldig gesprochen

Von David Muschenich

Terroristischer Mord, versuchter terroristischer Mord sowie Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung – so lauteten die Anklagen im Prozess um die Terroranschläge von 2016 in Brüssel gegen zehn Männer. Nun fiel das Urteil gegen acht von ihnen: Sechs der Angeklagten haben demnach insgesamt versuchten Mord an 690 und terroristischen Mord an 35 Menschen begangen, so das Geschworenengericht am Dienstagnachmittag.

Zwei weitere Angeklagte wurden wegen Beteiligung an Aktionen einer islamistischen Terrororganisation verurteilt, die verbliebenen zwei sprach das Gericht hingegen frei. Sie hatten einen Teil der Täter offenbar unwissend beherbergt. Wie hoch die Strafen für die Verurteilten ausfallen, steht noch aus. Das soll Anfang September entschieden werden.

Die Geschworenen urteilten zudem, dass die bisherige offizielle Zahl von 32 Todesopfern durch die Anschläge unzutreffend sei. Die Tode dreier Menschen, die in der Folge etwa durch Erkrankung oder Suizid gestorben sind, seien ebenso den Terroristen zuzurechnen. Somit steigt die Zahl auf 35. „Ich bin sehr zufrieden damit“, sagte Philippe Vansteenkiste, Direktor der Opferorganisation V-Europe, gegenüber der belgischen Zeitung Het Nieusblad. Seine Schwester starb bei den Anschlägen. Die Anerkennung betone die schweren Folgen der Terrorattacken.

Innenministerin Annelies Verlinden von den flämischen Christdemokraten bewertete das Urteil als „einen wichtigen Moment“, nicht nur für Opfer und Angehörige, sondern für die ganze Gesellschaft. „Die Anschläge haben eine kollektive Narbe auf der Seele unseres Landes hinterlassen“, sagte sie laut der belgischen Tageszeitung De Standaard.

Am 22. März 2016 explodierten um etwa acht Uhr morgens zwei Bomben im nördlich der belgischen Hauptstadt gelegenen Flughafen Brüssel-Zaventem. Rund eine Stunde nach den ersten beiden explodierte eine weitere Bombe in Brüssels Innenstadt. Ein Attentäter hatte sich in der U-Bahn kurz hinter der Metro-Station Maalbeck in die Luft gesprengt.

Die Behörden gaben kurz nach den koordinierten Selbstmordanschlägen bekannt, dass die Täter teils identisch mit jenen waren, die in der französischen Hauptstadt Paris eine Anschlagsserie – unter anderem auf das Bataclan-Theater – am 13. November 2015 verübt hatte. Sechs der Verurteilten von Paris standen auch in Brüssel vor Gericht. Beide Anschläge gingen auf den sogenannten Islamischen Staat (IS), eine islamistische Terrororganisation, zurück. Einige der Angeklagten begründeten ihren Hass auf den Westen im Prozess mit der Bombardierung des IS in Syrien.

In Belgien gilt der Prozess zu den Anschlägen von 2016 als der größte der Justizgeschichte. Allein, dass mehr als 900 Ne­ben­klä­ge­r*in­nen beteiligt sind, ist außergewöhnlich. Laut der flämischen Rundfunkanstalt VRT ist es auch der teuerste Prozess Belgiens: Rund 35 Millionen Euro habe er gekostet, bis dato sieben Monate gedauert.

Am Dienstag verfolgten belgische Medien mit Livetickern und detailliert aufgeschriebenen Porträts der Angeklagten in Brüssel die Urteilsverkündung. Für diese verantwortlich sind zwölf Geschworene einer „Volksjury“. Laut Prozessordnung müssen diese sich über die im Prozess angefallenen Fragen beraten und dann für jeden einzelnen Angeklagten die Schuldfrage einschätzen. Im Prozess der Anschläge von 2016 gab es 287 solcher Fragen. Statt der geplanten zwei Wochen brauchten die Geschworenen 18 Tage, um zu ihrem Urteil zu kommen.

Doch der Prozess ist damit nicht zu Ende. Das Strafmaß soll am 4. September verkündet werden.