Start der Bundesliga: Elend ohne Supershow

Die Männerbundesliga wird wenig feierlich mit einem Bayernsieg und einem Punkt für Augsburg eröffnet. Der Beginn erinnert ein bisschen an Silvester.

Fußballer des FC Augsburg jubeln nach einem Tor

Wer weiß, wozu man den Punkt mal braucht: Spieler des FC Augsburg jubeln Foto: dpa

Der Beginn einer neuen Bundesligasaison ähnelt ein bisschen Silvester. Niemand weiß, was in den kommenden Monaten passieren wird – außer denen, die davon ausgehen, dass die Bayern wieder Meister werden, natürlich. Und allen, die aus Erfahrung wissen, dass es mehr Kreuzbandrisse, Meniskusschäden, gebrochene Nasen und ausgekugelte Schultern geben wird als das, was allgemein erhofft wird, nämlich wundertolle Traumtore, gloriose Rückstandsaufholungen und verzückende Underdog-Siege.

Immerhin, er wird nicht groß gefeiert, der Ligastart, wobei es vielleicht auch nur eine Frage der Zeit ist, bis jemand darauf kommt, daraus ein großes Event zu machen. Ein ganz großes, um genau zu sein, mit verklärenden Rückschauen auf die vergangenen Spielzeiten, zu Herzen gehenden Funktionärsreden über die Wichtigkeit des Fußballs, nach denen sich Wildfremde vor Rührung schluchzend in die Arme fallen, sowie lustigen Momenten, in denen kleine Kinder mit Bällen auf dem Rasen herumtollen.

Optional könnten die teuersten Neuzugänge der Klubs vorgestellt werden, die in gleichermaßen kurzen wie bewegenden Statements ihre Liebe zum neuen Verein beteuern und ihre großen Saisonziele schildern. Zwischendurch könnte gesungen werden, irgendwer wird sich sicher finden, der eine herzergreifende Hymne über den Fußball an sich verfasst, in der darauf verwiesen wird, wie völkerverbindend und allgemein großartig die Sportart ist und wie wichtig für den Zusammenhalt der Nation.

Wenn fertig gesungen wurde und der Bundespräsident eine nur mäßig ausgepfiffene launige Rede gehalten hat, wären die Schiedsrichter dran, die in einer Art Karnevalsumzug nicht Kamelle, sondern als rote und gelbe Karten verpackte Schokoladentäfelchen ins Publikum werfen. Nachdem das alles erledigt ist, könnte ein großes Feuerwerk stattfinden, natürlich in den Farben der Heim-Trikots der aktuellen Bundesliga-Mannschaften gehalten. Und dann würde die Saison endlich angepfiffen werden und das übliche Elend seinen Lauf nehmen, indem beispielsweise die Bayern auswärts gegen, sagen wir: den SV Werder Bremen 4:0 gewinnt.

In Wirklichkeit gibt es nur Elend

Aber gut, in Wirklichkeit gibt es natürlich keine Bundesliga-Start-Show, sondern bloß Elend, jedenfalls wenn man zufällig Werder Bremen oder VfL Bochum heißt und einen ausgesprochen miesen Auftakt hatte. Oder Fan des FC Augsburg ist und nur wenig Freude an Spielausgängen hat, die hinreichend mit “okay, das war insgesamt alles nicht schön, aber immerhin haben wir einen Punkt erreicht, wer weiß, wozu der noch gut sein wird“ beschrieben werden können.

Denn einerseits war Augsburg in der letzten Saison zwar nur um Punktesbreite nicht abgestiegen, andererseits hatte das Team jetzt am Samstag gegen Gladbach einen 3:1-Rückstand aufgeholt und war in der 76. Minute schließlich sogar mit 4:3 in Führung gegangen. Und bekam von bundesliga.com daraufhin eine “Siegeswahrsscheinlickeit“ von 88,4 Prozent attestiert sowie vom Schiedsrichter in der 6. Minute der Nachspielzeit einen Elfmeter gegen sich gepfiffen, der natürlich prompt zum 4:4 verwandelt wurde.

Womit feststeht, dass die Zeiten schöner waren, in denen nicht ewig lang nachgespielt, sondern nach höchstens drei Minuten Extrazeit abgepfiffen wurde, das jedoch auch nur, wenn wirklich ausgesprochen viel los war und sich mindestens zwei Spieler jeder Mannschaft minutenlang vor Schmerzen oder Zeitschinderei auf dem Rasen gewunden hatten. Aber das ist ein anderes Thema.

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Schreibt nicht nur über Sport, sondern auch über Verschwörungsideologien, skandinavische Politik und Königshäuser. *** Die ersten Artikel für den taz-Sport gestalteten sich allerdings etwas schwierig: Mit den Worten "Wie, die schicken uns heute eine Frau?" wurde ich beispielsweise vor Jahren von einem völlig entsetzten Vorsitzenden eines Westberliner Fünftligavereins begrüßt. Da war er also, der große Tag, an dem über seinen Club in der taz berichtet werden würde, und dann das: Eine Frau! Ich antwortete ja, ich sei die Strafe und sofort war die Stimmung super. *** Und eines Tages werde ich über diesen Tag und andere, sagen wir: interessante Begegnungen mal ein Buch schreiben.

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