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EU-Kommissionsvize Timmermans verlässt BrüsselMr. Green Deal geht von Bord

Vize-Präsident Timmermans geht, und die EU-Kommission verliert damit ein politisches Schwergewicht im Klimaschutz. Er hat ein neues Amt im Blick.

Vize-Kommissar Frans Timmermanns Foto: Valeria Mongelli/Zuma Press/imago

AMSTERDAM taz | Mit einem Paukenschlag verabschiedet sich die EU-Kommission in die Sommerpause: Vize-Präsident Frans Timmermans wird von Bord gehen, um im Herbst in die niederländische Politik zurückzukehren. Grund des plötzlichen Abschieds ein knappes Jahr vor den EU-Wahlen sind die turbulenten Ereignisse in Den Haag. Dort fiel Anfang Juli die Mitte-Rechts-Regierung über einen Asylstreit. Bei den Neuwahlen im November treten So­zi­al­de­mo­kra­t*in­nen und Linksgrüne erstmals mit einer gemeinsamen Liste an – und mit Timmermans als Spitzenkandidaten.

Am Donnerstag bestätigte der 62-Jährige, er habe beide Parteien darüber informiert. Gegenüber dem öffentlich-rechtlichen TV-Sender NOS bekannte der Sozialdemokrat Timmermans, vor seinem Wechsel nach Brüssel bereits niederländischer Außenminister, er wolle Premier werden. Das grün-rote Kooperations-Projekt beinhaltet ein gemeinsames Wahlprogramm und wird auf beiden Seiten von der Mehrheit der Basis teils enthusiastisch begrüßt.

Dahinter verschwindet indes, dass beide Oppositionsparteien aktuell zusammen in den Umfragen nur bei etwa 15 Prozent der Stimmen liegen. Für eine ernsthafte Chance auf einen Wahlsieg braucht es also eine Dynamik, die am ehesten von außen angestoßen wird. Die Rückkehr Timmermans könnte für ein solches Momentum sorgen. Überraschend und nicht zuletzt durch ihn gewann seine jahrelang gebeutelte Partij van de Arbeid 2019 die EU-Wahlen in den Niederlanden. Die Tageszeitung Volkskrant nennt Timmermans eine „Stimmen-Kanone“.

Bekannt ist freilich auch, dass seine Person polarisiert. Während nach seiner Ankündigung im roten und grünen Lager teils Euphorie herrschte, gilt Timmermans, in der Kommission zuständig für den Europäischen Green Deal, dem klimaskeptischen Teil der niederländischen Bevölkerung als rotes Tuch. Auch in Brüssel und Straßburg zeigte sich das, etwa beim Widerstand der konservativen EVP-Fraktion im EU-Parlament gegen seine ambitionierten Nachhaltigkeits-Pläne.

Konflikt um das EU-Renaturierungsgesetz

Symbolisch zeigte sich dieser Konflikt auch am Streit um das EU-Renaturierungsgesetz in diesem Sommer. Angenommen, aber gehörig abgeschwächt – das ist nach der Abstimmung in der vergangenen Woche der aktuelle Zustand des Prestigeprojekts, an dem sich auch der Stand der europäischen Debatte um Klima- und Naturschutz ablesen lässt. Regierungschefs wie Emmanuel Macron und der belgische Premier Alexander De Croo hatten zuletzt sogar eine „Pause“ in Sachen Klima-Maßnahmen angeregt.

Timmermans verkörperte in Brüssel bislang mit seinem erheblichen politischen Gewicht am lautesten die Gegenstimme, dass man sich den „Luxus“ eines Pausenknopfes nicht leisten könne. Wer ihn ersetzt, ist fraglich. Langfristig zeichnet sich dabei bereits der kommende Wahlkampf in der EU ab, in dem Klima und Umwelt zweifellos ein zentrales Thema werden – allerdings unter wesentlich angespannteren sozio-ökonomischen Rahmenbedingungen als noch vor fünf Jahren.

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