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: „Eine ausgesprochen liebe Schildkröte“

Der Nabu bereichert die Fauna am Steinhuder Meer mit Reptilien

Interview Benno Schirrmeister

taz: Frau Schmidt, wie viele Europäische Sumpfschildkröten leben am Steinhuder Meer?

Sabrina Schmidt: Ganz genau wissen wir es nicht. Ausgewildert haben wir dort aber seit 2014 bislang 406, und am Freitag kommen jetzt noch 40 dazu. Außerdem hatten wir 2022 den ersten Beleg für eine Eiablage gehabt …

… nur Ablage?

Nein, auch Schlupf, bei sieben von acht Eiern.

Aber es könnte noch mehr Gelege gegeben haben?

Ja, weil mehrere Tiere zu dem Zeitpunkt geschlechtsreif waren. Gleichzeitig kann es aber auch sein, dass ein paar der Tiere gestorben sind.

Muss ich dann allmählich Sorge haben, dass mich die Schildkröten beim Schwimmen anknabbern?

Nein. Die Europäische Sumpfschildkröte ist eine ausgesprochen liebe Schildkröte, und sie ist auch ziemlich scheu. Dort, wo am Steinhuder Meer gebadet wird, verirren die sich nicht hin. Um eine zu sehen, müssten Sie schon sehr großes Glück haben.

Können Sie mir einen Tipp geben, wo?

Nein, ich kann hier natürlich keine Geheim-Spots verraten. Die Schildkröten leben im Naturschutzgebiet, das möglichst von Menschen gemieden werden sollte.

Foto: Joachim Neumann

Sabrina Schmidt

34, Umweltwissenschaftlerin, Master of Science in Sustainable Ressource Management, leitet das Projekt „Europäische Sumpfschildkröte“ beim Nabu Niedersachsen.

Dann ist auch die Auswilderung kein ­öffentliches Event?

Leider nein. Es ist nur eine kleine Gruppe mit Umweltminister Christian Meyer da. Zu viele Leute würden den Stress für die Schildkröten zu stark erhöhen.

Nun sind die ja seit Jahrhunderten ausgerottet: Dezimieren sie in der jetzigen Natur nicht bedrohte Amphibien oder Insekten?

Nein, die Gefahr besteht nicht. Das hatten wir uns natürlich vor dem Start des Projekts auch schon gefragt. Deshalb hatte es dazu eine eigene Machbarkeitsstudie gegeben. Unsere bisherigen Erfahrungen deuten auch eher darauf hin, dass sich andere bedrohte Arten infolge der Maßnahmen für die Auswilderung auch wieder ansiedeln, Libellen etwa.

Wie lange müssen Sie denn noch auswildern?

Das Projekt war ursprünglich auf 20 Jahre angelegt, und das erweist sich als realistischer Zeitrahmen: Wir haben 2014 mit den Auswilderungen begonnen und rechnen damit, dass die Population 2034, vielleicht aber auch schon 2032 stabil genug ist, um sie sich selbst zu überlassen.

Checken Sie auch, ob den Tieren die Freiheit gesundheitlich gut bekommt?

Freilassung von 40 Europäischen Sumpfschildkröten (Emys orbicularis), Freitag, 28. 7., ab 11 Uhr

Zur Kontrolle fangen wir einzelne ein, die in Augenschein genommen, gemessen, gewogen – und dann selbstverständlich wieder freigelassen werden: Da deutet alles darauf hin, dass sich die Tiere am Steinhuder Meer toll entwickeln.

Das heißt, sie haben keine Konkurrenz etwa von eingewanderten amerikanischen Schildkröten?

Am Steinhuder Meer bislang zum Glück nicht: Da haben wir bislang eine einzige dieser Gelbwangen-Schmuckschildkröten beobachten können – zumindest gehen wir davon aus, dass es eine war: Sie war zu weit weg, um mit Sicherheit bestimmt zu werden. Wenn das mehr wären, dann könnte es da zu Konkurrenz kommen – etwa um Sonnenplätze, aber natürlich auch um Nahrung. Deswegen ist es ja auch verboten, eine als Haustier gehaltene Schildkröte einfach auszusetzen.

Sind die steigenden Temperaturen unproblematisch für die Tiere?

Mit Wärme kommen sie eigentlich ganz gut klar. Höhere Temperaturen bewirken bei ihnen nur, dass sich mehr weibliche Tiere entwickeln. Das Problem für sie ist eher die wachsende Trockenheit. Das erfordert in naher Zukunft Wassermanagement.