Annika Becker
Unten
: Popp könnte ein Zebra werden

Die TV-Rechte an der Weltmeisterschaft liegen in Australien bei einem Streaminganbieter. Ohne Abo gibt es die meisten Spiele nicht zu sehen. Eine entsprechende Bar für Public Viewings zu finden, ist zumindest im oft verregneten Melbourne gar nicht so einfach. Die Frau hinter der Theke des Pubs im Stadtteil Richmond gleich neben Melbournes WM-Stadion entschuldigt sich bei meiner Kollegin und mir. Auf den verschiedenen Bildschirmen im Raum laufen Tennis, Cricket und Pferderennen, aber kein Fußball.Ein Mann, ebenfalls auf der Suche nach einem Public Viewing, bietet uns an, mit ihm ins Café auf der anderen Straßenseite zu gehen, sie würden ihn die nächste Partie bestimmt über sein Smartphone streamen lassen. Allerdings gäbe es dort nichts zu essen. Hungrig wie wir sind, entscheiden wir uns in dem Moment für die Pommes.

Die offizielle Fanzone der Fifa liegt hier gleich neben einer großen Bahnstation am Federation Square, ist durch die kühlen Temperaturen aber meist leer. Die richtigen Fan-Aufläufe trifft man wie überall auf der Welt sowieso in den Öffis. Die Tram-Linie 70 fährt mit einem einzigen altmodischen Waggon runter zum Sportkomplex, vorm Spiel zwischen Kanada und Nigeria wird es daher kuschelig.

Die nigerianischen Fans um mich herum stimmen sich mit Gesängen ein, da das Spiel mittags angesetzt ist, sticht unsere Partytram aus dem Berufstreiben in der Innenstadt heraus. Nach dem torlosen Unentschieden kommt mir eine Anhängerin von vorhin zufällig erneut entgegen und jubelt: „We held them down!“

Dann zerstreut sich die Menge, in ihr auch einige Menschen mit Australien-Trikot oder Schal: Ein häufiges Bild bei den Spielen, selbst wenn die Co-Gastgeberinnen nicht auf dem Platz stehen. Seltener sehe ich seit Australiens Auftaktspiel auch Menschen mit entsprechenden Utensilien im normalen Stadtbild, ich frage mich aber nach rund einer Woche, wie viel von der WM eigentlich außerhalb der sehr begeisterten Fußballblase ankommt. Die ­australischen Kolleg*innen, mit denen ich spreche, sind sich zumindest nicht sicher, ob der Allgemeinheit in Australien die Bedeutung der gut gefüllten Stadien schon klar ist.

Auch einen Tag vorm Spiel von Deutschland gegen Marokko ist die 70er-Tram voll mit Fans, dieses Mal aber geht’s zu einem Spiel der Victorian Football League, die Collingwood Magpies treffen im Nieselregen auf die Sandringham Zebras, gespielt wird Football nach ­australischen Regeln. Der Platz liegt direkt neben dem WM-Stadion, die Vokuhila-Dichte auf dem Rasen scheint hoch. Eine Familie, die neben mir von der Tram-Station zum Stadion läuft, fragt mich, ob ich für die Fußball-WM hier sei. Man freue sich schon auf das deutsche Spiel: „Alexandra Popp, ein Phänomen! Würde bestimmt eine gute Full-Forward abgeben!“

Unsere Wege trennen sich, und ich habe leider keine Zeit zu fragen, was das genau bedeutet.