Der Trend: Solarwende in Deutschland

Wie der Drang, dazugehören zu wollen, deutsche Dächer bepflasterte

Eigentlich ist Deutschland alles andere als sonnenverwöhnt. Dennoch war die Bundesrepublik 2009 mit Abstand Spitzenreiter in Bezug auf die weltweit pro Kopf installierte Photovoltaik-Leistung. Möglich machte das eine progressive Finanzierungspolitik um die Jahrtausendwende: Der Staat zahlte Geld für den produzierten Strom und vergab günstige Kredite.

Es gab aber noch einen weiteren Treiber. Fachleute bezeichnen ihn als soziale Ansteckung. Wie Analysen des Volkswirts Johannes Rode von der TU Darmstadt zeigen, erhöhte sich mit jeder Installation die Wahrscheinlichkeit, dass in der Nachbarschaft weitere Anlagen auf Haus und Garagendächer gebaut wurden. Diese Nacheifereffekte addierten sich so weit, dass Hotspots entstanden, in denen besonders viele Solaranlagen installiert wurden.

Ist eine kritische Masse erreicht, kippt möglicherweise eine Verhaltensnorm: Anstatt sich als Außenseiter zu fühlen, wenn man sich Solarmodule auf das Dach bauen lässt, empfindet man sich nun als Sonderling, wenn man es nicht tut. So erklärt es der Soziologe Damon Centola von der University of Pennsylvania. Photovoltaik-Anlagen verwandelten sich vom Spielzeug für Ökos und Nerds zum „Mercedes-Benz auf dem Dach“, wie Forscher feststellten.

Trotz der hohen Ansteckungsgefahr brach die Infektionskette jäh ab: Ab 2010 wurden die Finanzierungshilfen für Photovoltaik von der Bundesregierung gekürzt und für den eingespeisten Strom wurde weniger gezahlt. Der Ausbau der Solarenergie wurde so stark verlangsamt.