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Die Macht der kleinen dezentralen Player

Das Interesse an Energiegenossenschaften steigt bundesweit. Die Produzenten sind wichtige Multiplikatoren für eine nachhaltige Lebensweise

Energiegenossenschaften sind wichtige Träger der Energiewende, weil sie die dezentrale und umweltfreundliche Energieerzeugung mit gemeinschaftlich betriebenen Anlagen vorantreiben. Rund 900 dieser Genossenschaften sind bundesweit am Start, Tendenz steigend.

Seit knapp einem Jahr etwa gibt es die Bürger Energie Dülmen eG (BEDeG), bis heute haben 1.000 Bür­ge­r:in­nen der nordrhein-westfälischen Stadt Genossenschaftsanteile erworben. „Das Interesse an unserer ersten Generalversammlung nach der Gründung war riesig“, freut sich Benedikt Wichmann, ehrenamtlicher Vorstandsvorsitzender der Energiegenossenschaft.

Mit Photovoltaikanlagen auf Dach- und Freiflächen sowie Windkraftanlagen sind mehrere konkrete Projekte in Arbeit. „Wir werden uns aber auch angucken, wie wir Biogasanlagen für die Zukunft fit machen können.“ Klimaneutralität, sagt Wichmann mit Nachdruck, „ist unser Ziel“. Ein Anteilschein an der BEDeG kostet 250 Euro, dafür gibt es das volle Stimmrecht. „Uns war es wichtig, dass sich alle interessierten Dülmener beteiligen können, die positive Resonanz gibt uns recht.“

Diese Entwicklung bestätigt auch Verena Ruppert vom Landesnetzwerk Bürgerenergiegenossenschaften Rheinland-Pfalz, das sich unter anderem die Bündelung und Stärkung der Interessen von Energiegenossenschaften auf die Fahne geschrieben hat: „Seit der Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes 2023 bemerken wir eine wachsende Nachfrage zum Thema Energiegenossenschaften. Vor allem Kommunen interessierten sich dafür, wie sie selbst eine Energiegenossenschaft gründen oder Energiegenossenschaften unterstützten könnten. „Ein wichtiger Aspekt ist dabei sicher, dass die Wertschöpfung bei der regionalen Energieerzeugung auch tatsächlich in den Regionen bleibt.“ Darüber hinaus spiele es eine Rolle, dass die Abhängigkeit von Energieimporten sinke: „Energie ökologisch und regional zu erzeugen stärkt die Unabhängigkeit und das Gefühl, etwas selbst anpacken und verändern zu können.“

An der Energiewende aktiv teilzuhaben, sei viel mehr, als sie nur zu akzeptieren, unterstreicht Julia Fülling vom Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW). „Die Mitglieder von Energiegenossenschaften können selbst mitentscheiden, haben eine Stimme, die gehört wird.“ Als dezentrale Player spielten Energiegenossenschaften für die Energiewende auch deshalb eine wichtige Rolle, „weil sie lokal oder regional gut vernetzt sind“.

Um die Energiewende in Deutschland umzusetzen, ist es nicht nur wichtig, auf erneuerbare Energien umzusteigen, der Energie- und Ressourcenverbrauch muss auch deutlich reduziert werden. Dahinter steht der Begriff „Suffizienz“ den Julia Fülling und Kol­le­g:in­nen im Zusammenhang mit Energiegenossenschaften in einer Studie erforscht haben. Ein Ergebnis: Energiegenossenschaften eignen sich gut als Multiplikatoren für suffiziente, also sparsame und damit umweltfreundliche Lebensstile. Volker Engels