piwik no script img

Alu-Werker demonstrieren gegen HEW

Stromversorger soll Preispolitik überdenken. In einer Woche entscheiden Gesellschafter über Zukunft der Hütte. Andere Großverbraucher planen Bau eigener Kraftwerke, weil sie Wettbewerb auf dem Strommarkt vermissen

Die Beschäftigten des Hamburger Aluminiumwerks (HAW) sehen schwarz für ihre Zukunft. Gestern früh stellten sie zusammen mit Kollegen aus dem benachbarten Walzwerk 500 Kreuze auf den Alten Sommerdeich in Finkenwerder. Ein Teil der 500 bis 600 Menschen blockierte danach die Autobahnauffahrt, andere fuhren vor die HEW-Zentrale, um auf die drohende Schließung ihrer Betriebe wegen zu hoher Strompreise aufmerksam zu machen. Die im internationalen Vergleich hohen Kosten machen auch anderen Großverbrauchern Probleme. Einige planen bereits den Bau eigener Kraftwerke.

Nach Angaben der Gewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) wollen die drei Gesellschafter der HAW – Alcoa, Amag und Norsk Hydro – am 20. Juni entscheiden, ob die Hütte geschlossen wird. Ob das Walzwerk im Falle einer Schließung eine Zukunft hätte, ist ungewiss. Im schlimmsten Fall gehen der Region ein großer Teil der Arbeitsplätze, die mit dem Kraftakt der Airbus-Ansiedlung gewonnen wurden, im Saldo verloren: 550 bei den HAW, 500 im Walzwerk und 450 in der Stader Hütte.

Das HAW ist mit einem Jahresverbrauch von zwei Millionen Megawattstunden (MWh) der größte Stromverbraucher in Hamburg. Es folgen die Hamburger Stahlwerke (Ispat) mit 900.000 MWh, die Norddeutsche Affinerie mit 650.000 MWh, die Holborn Europa Raffinerie mit 245.000 und die Hochbahn (HHA) mit 140.000 MWh.

Für das Aluminiumwerk sind die Stromkosten mit mehr als einem Drittel der größte Kostenfaktor. Strom, sagen die Alu-Werker, müsse in ihrer Branche als Rohstoff betrachtet werden.

Ähnlich sieht es bei der Affi aus, wo der Strom nach dem Personal die zweithöchsten Kosten verursacht. „Wenn wir noch den Strompreis von 2001 hätten, würden wir eine hohe zweistellige Millionensumme sparen“, sagt deren Sprecher Franz Wauschkuhn. Die Kupferhütte komme mit den hohen Strompreisen zurecht, weil sie seit 1994 ihren Verbrauch stark verringert habe. Weil das Oligopol der großen Stromversorger die Einfuhr billigen Stroms verhindere, stehe die Affi kurz davor, sich ein 100-Megawatt-Kraftwerk auf ihrem Betriebsgelände bauen zu lassen.

Mit ähnlichen Plänen trägt sich die Holborn-Raffinerie. „Wir sind insbesondere durch den Wettbewerb mit niederländischen Raffinerien betroffen, wo der Strom deutlich billiger ist“, sagt deren Geschäftsführer Frank Heyder. „Wir untersuchen gerade die Option, selbst Strom zu erzeugen.“ Das Raffineriegas biete sich als Brennstoff an.

Zum Strommarkt sagt Heyder: „Wir konnten bei den Mengen, die wir ausgeschrieben haben, keinen Wettbewerb feststellen.“ Der Affi sei es bis heute nicht gelungen, für alle Werke des Konzerns einen Gesamtlieferanten zu finden, sagt deren Sprecher: „Die machen uns gar kein Angebot.“ Gernot Knödler

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen