Ein neuer Anlauf zum Frieden am Dnjestr

Das moldauische Parlament stimmt einem Plan zur Lösung des Konfliktes mit dem abtrünnigen Transnistrien zu

BERLIN taz ■ Die Republik Moldau scheint entschlossen, den Konflikt mit der von Chisinau abtrünnigen und international nicht anerkannten Republik Transnistrien zu lösen. Am vergangenen Freitag stimmte das Parlament mit 96 von 101 Stimmen für einen Plan der Ukraine, der eine Reintegration Transnistriens in den moldauischen Staatsverband vorsieht.

Bereits im Mai hatte der ukrainische Präsident Wiktor Juschtschenko den Plan vorgestellt. Dieser sieht die Verabschiedung eines Gesetzes durch das moldauische Parlament vor, das den Autonomiestatus Transnistriens und das Wahlprozedere zu den gesetzgebenden Organen der abtrünnigen Republik regelt. In einem zweiten Schritt soll eine internationale Wahlkommission unter Ägide der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) bis Ende 2005 Wahlen in Transnistrien organisieren. Im Falle freier Wahlen sollen die transnistrischen Abgeordneten mit ihren moldauischen Kollegen die Endfassung des Autonomiegesetzes erarbeiten. Dieses müssen beide Parlamente abgesegnen.

Außer dieser grundsätzlichen Prozedur regelt der Juschtschenko-Plan eine Reihe weiterer Details. So soll Transnistrien, das 580.000 Einwohner hat, eine Verfassung und eigene Symbole wie Flagge, Wappen und Hymne bekommen. Eine Beteiligung an außenpolitischen Entscheidungen ist vorgesehen, soweit die Interessen Transnistriens berührt sind. Zudem erhält Tiraspol das Recht zur Abspaltung, sollte sich Moldau mit einem anderen Staat vereinen. Etwaige Befürchtungen eines Zusammenschlusses Moldaus mit Rumänien waren ein Auslöser für den Bürgerkrieg mit Transnistrien 1992, der über 1.000 Menschen das Leben kostete.

Demgegenüber spart der Plan das Problem des Abzugs russischer Truppen aus Transnistrien komplett aus. Aus gutem Grund: Gemäß eines Beschlusses des OSZE-Gipfels in Istanbul von 1999 hätte der Truppenabzug bis Ende 2002 abgeschlossen sein sowie das Waffenarsenal außer Landes gebracht werden sollen. Von beidem kann keine Rede sein. Noch immer sind rund 2.000 russische Soldaten in Transnistrien stationiert, schätzungsweise zehntausende Tonnen Waffen und Munition verrosten in Depots. An der Frage des Abzugs scheiterte 2003 in Chisinau auch das Kozak-Memorandum des gleichnamigen Vizechefs der russischen Präsidialadministration, das auf mehrere Jahrzehnte den Verbleib russischer Truppen in Transnistrien festgeschrieben hätte.

Daran ist Russland nach wie vor interessiert. Man wäre zum Abzug bereit, ließ der Vorsitzende des außenpolitisches Ausschusses der Duma, Konstantin Kosachew, wissen. „Die Führung Transnistriens wehrt sich, weil sie in Russlands Militärpräsenz eine Garantie gegen die Wiederholung militärischer Aktionen von moldauischer Seite sieht.“

Transnistriens Führung, vor allem in Gestalt von Präsident Igor Smirnow, dürfte sich auch nicht so ohne weiteres auf freie Wahlen einlassen. Denn der Smirnow-Klan ist in Transnistrien, das als Drehscheibe für Drogen- und Waffenschmuggel gilt, fürstlich eingerichtet. Den Sumpf trockenlegen könnte nur eine verschäfte Kontrolle an der Grenze zur Ukraine. Doch ob und wie Kiew aktiv wird, ist derzeit noch offen. BARBARA OERTEL