jetzt ist die zeit für … protestantische nüchternheit
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Luisa Faust Foto: Raoul Spada

Manchmal verbringe ich den Tag mit Prokrastinieren. Abends, im Irish Pub über einem Guinness beklage ich mich bei einem Freund. „Oh Sankt Expedit“, sagt er. Er ruft den Schutzheiligen der Prokrastinierer an, einen bekehrten armenischen Legionär. Der will morgen Christ werden, da erscheint ihm der Teufel in Gestalt einer Krähe. Er zertritt sie nonchalant und ruft: „Nein, ich mach es heute!“ Die Geschichte gefällt mir: Ich, Katholikin, bin schon lange auf der Suche nach meiner Lieblingsheiligen. Ich denke an eine feministische Ikone, mutig gegen ungerechte Autoritäten aufbegehrend – aber bitte ohne Scheiterhaufen oder Vierteilung, da ist mir die protestantische Nüchternheit lieber. Und etwas weniger Jungfräulichkeit, bitte.

Bislang suchte ich ohne Erfolg. Warum also nicht Sankt Expedit? In meiner schwersten Stunde könnte ich ihn anrufen, wenn ich wie gelähmt vor einer großen Aufgabe sitze und dann doch lieber staubsauge. In einem Online-Shop finde ich eine Kerze mit dem durchtrainierten Legionär. Ich bestelle sofort zwei, eine für meinen Freund, und beschließe, sie anzuzünden, wenn ich mal wieder etwas angehen müsste.

Das Paket liegt abholbereit im Paketshop. Morgen gehe ich hin, ganz bestimmt.