Gähnende Leere im EADS-Cockpit

Zum Auftakt der weltweit größten Luftfahrtausstellung in Paris steht der europäische Flugzeugkonzern EADS ebenso kopflos da wie US-Konkurrent Boeing. Der jedoch ist viel besser aufgestellt – und könnte wieder die Marktführerschaft übernehmen

VON BEATE WILLMS

Die Voraussetzungen waren eigentlich prima für die 46. Luftfahrtausstellung in Le Bourget bei Paris: Die Krise im zivilen Luftverkehr hat sich nach drei Jahren zwischen Stagnation und Rezession gelegt. Der Passagierverkehr nahm 2004 um 14 Prozent zu, und für die ersten fünf Monate 2005 verkündete die International Air Transport Association ein weiteres Plus von 8,7 Prozent. Der europäische Flugzeugbauer Airbus präsentiert endlich seinen neuen Riesenflieger A380 und bekommt – wie sein US-amerikanischer Konkurrent Boeing – neue Aufträge. Und doch steht der Salon in diesem Jahr unter keinem guten Stern.

Ausgerechnet Airbus und sein Mutterkonzern EADS zeigen sich nach außen hui, aber von innen pfui – nämlich heillos zerstritten und führungslos. Zum gestrigen Messebeginn sagte EADS die für heute geplante Pressekonferenz ersatzlos ab. Dabei hatte der Termin bestätigen sollten, dass mit EADS wieder zu rechnen ist: Heute Morgen wollten Noël „Mr. Airbus“ Forgeard und Thomas Enders, bislang Chef der Verteidigungssparte, erstmals gemeinsam vor die Öffentlichkeit treten und die französisch-deutschen Machtspiele im Konzern für beendet erklären – beste Voraussetzung, um anschließend eine offensive Strategie zu verkünden, wie man dem US-Rivalen Boeing auch im Militärbereich die Spitzenposition abluchsen könnte.

Dass daraus nun nichts wird, dürfte vor allem die deutsche Seite, also Großaktionär DaimlerChrysler, ärgern. Hatte es aus dessen Aufsichtsrat doch nach der internen Einigung über die Nachfolge von Forgeard an der Airbus-Spitze geheißen, bei EADS sei nun alles in trockenen Tüchern, der Rest Formsache. Aber offenbar wollen die Franzosen, sprich die Vertreter des Industriekonzerns Lagardère und die Pariser Regierung, doch noch versuchen, ihren Landsmann Forgeard in der Doppelspitze stärker zu stützen – etwa indem sie eine zusätzliche Leitungsebene zwischen EADS und den Konzernsparten durchsetzen. Immerhin hatten sie Forgeard ursprünglich sogar allein an der Spitze haben wollen.

Das Gerangel um die Macht ist mehr als peinlich – es gefährdet die Position des europäischen Konzerns im Wettbewerb mit Boeing. Zwar haben auch die Amerikaner nach dem Sturz von Chef Harry Stonecipher über eine Sex-Affäre derzeit ein Führungsproblem. Aber: Boeing hat sich davon nicht so blockieren lassen wie Airbus. Im Gegenteil holt sich der Konzern gerade die Marktführerschaft zurück, die er in den letzten beiden Jahren an Airbus verlor: Bei den Bestellungen liegt er derzeit vorn.

Das ist vor allem der Boeing 787 zu verdanken. Die Europäer sind noch so mit den Problemen bei der Auslieferung des Riesenairbus A380 beschäftigt, dass die Kapazitäten nicht reichten, um den Startschuss für ihre Antwort – den A350 – pünktlich zum Luftfahrtsalon abzugeben. Beginn für das rund 4 Milliarden Euro teure Entwicklungsprogramm, das mit 1,3 Milliarden subventioniert werden soll, soll nun Ende September sein.

Bei den Rüstungsaufträgen droht Airbus nun sogar den Anschluss zu verpassen. Denn hier haben viele europäische Länder ihre Budgets eingedampft. Und in den USA wird derzeit diskutiert, europäische Hersteller vom Militärgeschäft auszuschließen. Trotzdem gibt es Geschäfte zu machen: Weltweit sind die so genannten Verteidigungsausgaben im vergangenen Jahr nach Zahlen des Internationalen Friedensforschungsinstitutes in Stockholm auf über eine Milliarde US-Dollar gestiegen – beinahe so viel wie in den Rekordjahren 1987 und 88. Dass Airbus dort derzeit keinen Stich hat, ist keine politische Entscheidung, sondern schlicht einer fehlenden Strategie zu verdanken.