berliner szenen
: Papa, Philosoph der Banane

Vater, Mutter und ein kleiner, zarter und sehr blonder Junge sitzen in der S-Bahn. Der Fahrradanhänger ist voller Vorräte, Picknickdecke, Getränkeflaschen und all dem Zeug, das man mit Kind eben immer so braucht. Ich erinnere mich daran, dass damals jeder kurze Ausflug mit zwei kleinen Kindern einem Wochenendtrip gleichkam und in der Vorbereitung einer logistischen Höchstleistung gleichkam. Schließlich musste man an Feuchttücher, Windeln, Wechselwäsche, Kuscheltier, kleine Bücher oder Sandspielzeug, Getränke und Snacks sowie womöglich noch an Gummistiefel oder Matschhosen denken und trotzdem hat immer etwas gefehlt, weshalb man dann einfach improvisiert hat. Ich bin schon von der Erinnerung erschöpft.

Das Paar gegenüber sieht nicht viel besser aus. Sie haben müde Augen und man merkt, dass der zarte Junge ihr ganzes Augenmerk hat. Beide sind ihm sehr zugewandt und irgendeiner hat immer eine Hand an dem Kind. Jetzt fragt der Kleine, ob er eine Banane haben kann und der Vater steht auf, kramt in dem vollen Anhänger und fördert schließlich eine Banane zutage. Er setzt sich wieder und öffnet die Banane von der unteren Seite. Der Junge sieht ihm zu und sagt dann: „Papa, du machst das falsch. Der Öffner ist doch oben.“

Der Vater fährt unbeirrt weiter, die Banane von unten zu öffnen und zieht die Schale ein Stück herunter. „Papa, das ist falsch“, sagt der Junge bestimmt. Der Vater reicht ihm schließlich die Banane und sagt: „Manchmal ist falsch aber richtig.“ Der Junge beißt in die Banane. „Is immer gut, wenn man mal was auf den Kopf stellt. Auch beim Denken. Kannste dir mal merken.“

Der Junge kaut und macht große Augen. Die Mutter grinst, rollt kurz mit den Augen und sagt: „Papa hat heute wieder seinen Philosophischen.“ Isobel Markus