Österreich beugt sich ausländischem Druck

BANKENGEHEIMNIS Striktes Gesetz wird für ausländische Kontoinhaber gelockert. Österreich gilt damit offiziell nicht mehr als Steueroase. Attac geht die Regelung nicht weit genug

WIEN taz | Österreich ist keine Steueroase nach den Kriterien der OECD mehr. Am Dienstag müssen die Abgeordneten zu einer Sondersitzung des Nationalrats zusammenkommen, um das „Amtshilfe-Durchführungsgesetz“ zu beschließen. Damit wird das sehr strikte Bankgeheimnis für ausländische Kontoinhaber gelockert. Bei begründetem Verdacht auf Steuerhinterziehung müssen künftig Informationen an ausländische Behörden weitergegeben werden.

Österreich ist das letzte EU-Land, das seine Gesetzgebung den Forderungen der OECD anpasst. Hätte sich die Regierung weiterhin geweigert, wären im März 2010 Sanktionen der Europäischen Investitionsbank (EIB) in Kraft getreten. Strafmaßnahmen der G 20 standen im Raum. In einem langen Rückzugsgefecht hatten die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP das Bankgeheimnis als Bestandteil der österreichischen Identität verteidigt und suggeriert, sie würden die Privatsphäre der kleinen Leute schützen. Zuletzt beugte man sich aber dem ausländischen Druck. Allerdings zu einem politischen Preis im Inland.

Denn das österreichische Bankgeheimnis ist eine Verfassungsbestimmung und damit stärker als sonstige Bundesgesetze vor Änderungen geschützt. Seine Reform bedarf einer Zweidrittelmehrheit im Nationalrat, über die die Koalition nicht verfügt. Grüne und BZÖ, die mit der Aufweichung der Schutzbestimmungen einverstanden waren, ließen sich ihre Zustimmung in zähen Verhandlungen abkaufen. So konnten sie durchsetzen, dass die Einsetzung von parlamentarischen Untersuchungsausschüssen künftig ein Minderheitenrecht wird wie im deutschen Bundestag. Dem hatte sich vor allem die ÖVP beharrlich widersetzt.

Während sich die Grünen über ihren Verhandlungserfolg freuen, betrachten sie die Aufweichung des Bankgeheimnisses nur als ersten Schritt zu mehr Transparenz. Werner Kogler, der für die Grünen verhandelte, sagte, dass Österreich nach einer Evaluierung durch die OECD in ein paar Jahren noch nachbessern müsse. Nicht zufrieden mit der Regelung ist Attac. Steuerexpertin Silke Ötsch bemängelt, dass erst „bei begründetem Verdacht“ Informationen an ausländische Behörden weitergegeben werden müssen. Das sei zwar begrüßenswert, „aber eigentlich ein zahnloser Tiger, denn die Behörden müssen in vielen Fällen erst einmal wissen, was auf den Konten liegt, um den Verdacht begründen zu können“.

RALF LEONHARD