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Altern und Sterben in der ZukunftSchwermut der Bauvorhaben

Altsein ist relativ, Gesundheit auch. Nur eins ist sicher: die ganz irrationale Angst vor dem Tod. Außer man ist natürlich Katholik.

Ob wir die vollständige Wiedereröffnung des Pergamonmuseums 2037 wohl miterleben werden? Foto: dpa

W ir schreiben das Jahr 2047. Ich bin eigentlich ganz happy, dass ich das noch erleben darf. Denn gerechnet habe ich nicht unbedingt damit.

Früher unkte man gerne, wer rauche und trinke, werde weniger alt. Aber erstens ist „weniger alt“ relativ und bedeutet heute nur noch: unter hundert. Und zweitens stimmt das mit dem Rauchen und Trinken gar nicht; neueren Artikeln zufolge ist das sogar sehr gesund. Um mich herum sterben die Asketen wie die Fliegen. Sie haben aufs falsche Pferd gesetzt.

Man kennt das ja: Medizinische Erkenntnisse ändern sich alle naselang wie die Mode. So mahnten Ärzte jahrelang, Teflon sei krebserregend; auch solle man keinesfalls Wasser trinken und unreife Stachelbeeren dazu essen.

Dann wieder hieß es, Teflonpfannen könne man praktisch mitessen wie Suppenschalen aus Brot, das wäre scheißegal, und grüne Stachelbeeren wären ohnehin Superfood.

Oder ein Virus galt erst als krass gefährlich, und nur drei Jahre später ist es auf einmal völlig harmlos, außer für diejenigen, die schwer daran erkranken.

So brauchte ich nur darauf zu warten, bis der Wind der Wissenschaft sich drehte, und endlich ist es so weit. Der kritische Blog „The Final Truth: Was die Anderen verschweigen“ bringt es an den Tag: „Sieben Fässer Wein können uns nicht gefährlich sein.“

2G-Mast in 2052

Da bin ich froh, denn Anfang der 2020er Jahre, also bereits fett in meinen Fünfzigern, bemerkte ich auf einmal, mit welch tiefer Schwermut mich nun regelmäßig der Anblick von Schildern erfüllte, die weit in der Zukunft liegende Bau- oder Restaurationsvorhaben wie folgt ankündigten:

„Erneuerung der Kacktalbrücke über die BAB 17 bis 2042“, oder: „Telekommunikation Prignitz: Hier könnte bis 2052 ein halber 2G-Sendemast errichtet werden.“

Mir fiel nämlich ein, dass ich dann oft schon tot, oder zumindest auf abscheuliche Art alt sein würde, und ich habe eine ganz irrationale Angst vor dem Tod. „Der Tod is Brudi, der meint es gudi“, tröstet mich mein Futurologe Zbigniew. Aber der hat gut reden als gläubiger Katholik. Sterben ist für die wie für andere ein Wannenbad, wenn auch mit dunklem Schaum.

Dazu kommt bei mir sicher die Furcht, dass man von den Jüngeren nur noch als so eine Art lästiger Zombie gesehen wird.

Dabei ist man doch derselbe Mensch, der man immer war, nur eben wie lebendig eingemauert in einem uralten und unbeweglichen Körper, aus dem heraus man in einem fort stumm um Hilfe schreit: „Hallo, ich bin es doch, ich fühle und denke genauso wie ihr dort draußen.“

Doch niemand kann (oder will?) einen hören.

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Uli Hannemann
Seit 2001 freier Schreibmann für verschiedene Ressorts. Mitglied der Berliner Lesebühne "LSD - Liebe statt Drogen" und Autor zahlreicher Bücher.
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3 Kommentare

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  • Wie immer auf den Punkt gebracht, auch wenn der vielen nicht gefallen dürfte.



    Oder auch in anderen Worten: wer keine Rechnungen offen hat, kann auch beruhigt und angstfrei gehen.

  • " . . . . und ich habe eine ganz irrationale Angst vor dem Tod."

    Ist die Angst tatsächlich irrational?

    Kommt drauf an was man unter "Tod" versteht.

    Da hat jede Religion oder Philosophie andere Vorstellungen.

    Die vollständige Auslöschung von Gedanken, Körper, Gefühlen, das Nicht-mehr-Weitererleben unseres Umfelds, all dem was unser "Ich" ausmacht.

    Solange ich ausschließlich mit diesem Ich identifiziert bin, muss Tod also tatsächlich furchterregend sein.

    Die glaubensorientierten Religionen trösten uns mit dem Paradies, in das wir kommen, haben wir brav gelebt und keine heftigen Sünden begangen.

    Sicher also kein Platz für bestimmte Despoten, von denen wir täglich in der Zeitung lesen.

    Erfahrungsorientierte Religionen wie Buddhismus, Taoismus etc., die ja eigentlich nur Wissenschaften sind, gehen von ganz anderen Konzepten aus. Diese verwenden den Begriff "Bewusstheit".

    Sie sprechen von "Bewusstheit" als unserer eigentlichen, innersten Essenz.

    Bewusstheit ist jenseits von männlich und weiblich, arm oder reich, von Hautfarben, Nationalität, Gedanken, Gefühlen und Körpern.

    Und jenseits von Leben und Tod.

    Ziel ist es daher im theoretischen Überbau dieser Religionen ein Konzept zu vermitteln, was Bewusstheit überhaupt sein kann.

    Und Meditation kann einem Menschen dann helfen zu erfahren was Bewusstheit ist.

    Wenn für einen Moment die Wolkendecke aus Gedanken und Illusionen aufreißt, die wir in unserem selbst geschaffenen Gefängnis aufgebaut haben, ein unendlicher lebenslanger Nebel, können wir einen Hauch von Bewusstheit erfahren.

    Und wer mit Religionen nichts anfangen kann, wird auch bei der Transpersonalen Psychologie fündig werden.

    Wichtig ist nur zu lernen wie man Abstand zu Identifikationen, welchen auch immer, aufbauen kann.

    Der berühmte "Watcher on the Hills".

  • 8G
    80410 (Profil gelöscht)

    Ich hab 2047 'ne eigene Insel, 15 Meter unter dem Meeresspiegel. Da können mir die Jüngeren gar nichts, schon gar nicht irgendwas zu Ende bringen. Haben wir ja früher auch nicht gemacht, wo kämen wir da hin? Und Salzwasser ist auch sehr gesund für die Haut, sagen Wissenschaftler.