Fotograf in Fahrt

Seit seiner Jugend hat Sebastian Burger zehntausende Kilometer zurückgelegt – auf dem Fahrrad. „Im Schulbus habe ich es immer schwer ausgehalten“, sagt er, „weil es so voll war.“ Der sportliche Freischlag, wie der 32-Jährige es nennt, kam nach dem Abitur: In 120 Tagen fuhr Burger mit dem Rad von Deutschland bis nach Peking. „Danach musste ich mir sportlich gesehen nichts mehr beweisen.“

Eine neue Herausforderung musste her, und sie kam eher zufällig. Nach seinem Zivildienst als Wattführer und Vogelwart auf Sylt, fuhr der gebürtige Südhesse 180 Tage lang mit einem Tandem durch Südamerika. Er nahm immer wieder Menschen mit, die er unterwegs traf. Medien wurden auf ihn aufmerksam. Es folgten zwei weitere Touren: mit Blinden nach Singapur und mit Gehörlosen durch Südamerika. Ein Miteinander von Betroffenen und Nicht-Betroffenen liegt Burger bei diesen Touren am Herzen. Authentischer sei das, sagt er.

Nicht ganz nebenbei absolvierte Burger ein Studium an der Bremer Hochschule für Künste. Heute finanziert er sich, indem er Dias von seinen Touren in Seniorenresidenzen zeigt: „Dort komme ich gut an. Ich bin so ein Enkeltyp.“ 2008 führte den Kommunikationsdesigner, der noch immer in Bremen lebt, ein Stipendium nach Baku. Das sich wandelnde Stadtbild präsentiert er in zwei Fotoausstellungen.

Stillsitzen kann Burger nicht lange. Für die „Mood Tour“ steigt er in diesem Sommer wieder aufs Tandem: In sieben Etappen geht es mit Menschen mit Depressionserfahrungen kreuz und quer durch Deutschland. So möchte Burger die Erkrankung entstigmatisieren. Die Idee dazu kam ihm, als er selbst eine Tiefphase durchmachte. „Ich merkte in der Zeit, wie reaktivierend Sport in der Natur sein kann“, sagt er. Doch wer glaubt, dass Burger auf der Tour den Ersatztherapeuten spielt, liegt falsch. Er sieht sich eher als Anpeitscher denn als Zuhörer. Einen Autoführerschein besitzt Sebastian Burger übrigens bis heute nicht. Auch hier bleibt Burger authentisch.  KÖH