Erinnerungen an die echten Tränen

Im Foyer dokumentiert der Tränenpalast seine Geschichte. Bald könnte das Kulturhaus zum reinen Museum werden

Was die Mitbringsel ihrer Besucher anging, war die DDR durchaus großzügig: Geschenke bis zu einem Wert von 1.000 Mark können gebührenfrei eingeführt werden, steht da in den „zoll- und devisenrechtlichen Bestimmungen der DDR“ von 1987. Dass sie sich dabei nicht lumpen ließ, wird an anderer Stelle deutlich: Nicht erlaubt waren nämlich „gebrauchte Gegenstände als Geschenk“, davon ausgenommen wurden lediglich Textilien und Schuhe – sofern diese nach der letzten Benutzung gewaschen oder gereinigt wurden.

Diese und ähnliche hübsche Zeugnisse sind derzeit im Foyer des Tränenpalastes zu sehen, wo eine kleine Ausstellung die täglichen Schikanen beim Transitverkehr zwischen West- und Ostberlin dokumentiert. Konzipiert wurde sie vom Bonner Haus der Geschichte, das zeitgleich auch das Kontrastprogramm „Elvis in Deutschland“ in der großen Halle aufgelegt hat – und das ganz nebenbei auch Interesse an einer Anmietung des Tränenpalast zeigt.

Für den Betreiber des Tränenpalastes, Markus Herold, sind die wenigen Fotos von wartenden Transitreisenden und die zwei Schaukästen bestückt mit alten Passagierscheinen und Visa ein Anfang. Gern würde er einmal zusammen mit der Bonner Stiftung die Geschichte der 1962 errichteten Abfertigungshalle, in der die Personen- und Passkontrolle der DDR Behörden für den Bahnhof Friedrichstraße abgewickelt wurde, in der authentischen Halle rekonstruieren. Wie lange er jedoch den Tränenpalast noch unter seinen Fittichen hat, ist mehr als ungewiss. Vergangene Woche hatte der Liegenschaftsfonds, dem das Gebäude gehört, den Kaufvertrag mit dem Hamburger Investor Harm Müller-Spreer beim Notar besiegelt. Nun braucht Herold einen „Kulturpreis“, sprich eine günstige Miete, sonst wird er den bereits insolventen Veranstaltungsort nicht weiter bewirtschaften können. Mit einem Brief hat er sich deshalb an den Investor gewandt. Klar ist bisher nur: Für mindestens 25 Jahre muss der den Tränenpalast als Kulturort vermieten. Neben Herold könnte aber auch das Haus der Geschichte selbst an einer Anmietung interessiert sein – nachdem die Pläne der Bonner, die Immobilie zu erwerben, zuvor an der Berliner Finanzverwaltung gescheitert waren.

Jürgen Reiche, Kurator bei der Stiftung, kann sich durchaus eine Berliner Dependance des Bonner Hauses für Geschichte vorstellen – wenn die finanziellen und personellen Resourcen vom Bund abgesichert würden. „Wenn man uns fragt, werden wir das prüfen“, sagt er. Er versteht die von ihm kuratierte Dokumentation im Foyer des Tränenpalastes als Appell, diesen „emotional aufgeladenen Ort“ endlich als Erinnerungsort der Öffentlichkeit zu übergeben. Auch persönlich fühlt sich der Exberliner dem Tränenpalast verbunden. Nach der Maueröffnung hat er viele Zeugnisse der Geschichte wie Hinweisschilder aus der verlassenen Grenzhalle herausgeholt. Auch ein komplettes Kontrollhäuschen hat er sorgfältig demontiert und inzwischen wieder aufgebaut. Das allerdings ist bisher nur in Bonn zu sehen. TINA HÜTTL