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wie man eine ecke verkauft von KLAUS BITTERMANN

Es ist ruhig geworden bei der Borussia in Dortmund. Schließlich ist die Bundesliga-Saison vorbei. Vorbei allerdings ist noch nicht die Finanzkrise, wenn auch so gut wie gemeistert. Die Vernunft scheint wieder eingekehrt zu sein. Man backt nun kleine Brötchen. Aber die sind manchmal reichlich bizarr.

Als Folge einer fehlgeleiteten Sozialisation treibt es mich häufig ins Westfalenstadion, aber erst beim letzten Heimspiel machte ich eine seltsame Entdeckung. Als es eine Ecke für Dortmund gab, fiel mein Blick auf die Anzeigentafel, auf der ein Text erschien: „Diese Ecke wird Ihnen präsentiert von der National-Bank.“ Heute wird einem ja alles „präsentiert“, was nicht bei drei auf den Bäumen ist.

Mein Vertrauen in eine Bank, die National-Bank heißt und gegen Geld Ecken präsentiert, ist eher gering. Denkt sie, wenn sie Ecken präsentiert, würden Leute zu ihr kommen und sagen: „Sie ham da letzthin im Westfalenstadion so schön die Ecken präsentiert. Da dacht ich, Mensch, musst du ein Konto bei denen einrichten.“ Wenn sie tatsächlich so milchmädchenrechnet, dann ist sie entweder ausgesprochen putzig, was aber nicht zu ihrem Namen passen würde, oder überaus dämlich, was schon besser zu ihrem Namen passen würde.

Die Frage ist: Wie kommt denn so etwas zustande? Es hat einen gewissen Reiz, sich vorzustellen, wie die Herren aus der Geschäftsführung von Borussia Dortmund auf einer Konferenz zusammensaßen und Brainstorming betrieben: „Meine Herren, ich bitte um Ihre Vorschläge, wie wir weitere Geldquellen erschließen können.“ Und dann kommt einer auf die Idee und sagt: „Wir könnten unsere Ecken verkaufen.“ Lange Gesichter gucken dumm aus der Wäsche. Ecken verkaufen? Was für Ecken? Irgendjemand muss es dann erklärt haben, und niemand hielt diesen Mann für gaga, sondern Ecken verkaufen für eine tolle Marketingidee. Bei der man nur noch überlegen musste: Welcher Firma kann man einen solchen Vorschlag unterbreiten?

Irgendjemand muss dann zur National-Bank gegangen sein, um mit ihr über das Eckenpräsentieren zu verhandeln. Da wäre ich gern dabei gewesen. „Möchten Sie unsere Ecken präsentieren? Zu günstigen Konditionen. Bei zwanzig Ecken gibt es Rabatt.“ Hat dann ein Angestellter der National-Bank sich Statistiken angeguckt, um zu sehen, wie viel Ecken durchschnittlich in einem Spiel fallen, und dann womöglich festgestellt, dass 20 Ecken in einem Spiel gar nicht so häufig sind? Wurde darüber diskutiert, nur die Dortmunder oder auch die Ecken des Gegners zu präsentieren? Wäre ja schon quasi ein Eigentor, wenn die National-Bank eine Ecke präsentiert, die im Dortmunder Tor landet. Wer will denn noch was mit der National-Bank zu tun haben, wenn eine Ecke der National-Bank 80.000 Menschen in tiefste Verzweiflung gestürzt hat? Während die Anzeigentafel vermeldet: „Diese Ecke wird Ihnen präsentiert von der National-Bank.“ Keine gute Idee.

Und dennoch: Ein Verein, der Ecken verkauft, kann nicht ganz schlecht sein. Jedenfalls müssen ein paar Leute eine Menge Spaß gehabt haben, als sie der National-Bank die Ecken angedreht haben. Sonst gibt es in Dortmund ja nicht so viel zu lachen bei rund 90 Millionen Schulden.

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