Schulschwänzer bekommen ein Eliteinternat in Neukölln

BILDUNG Ein neues Internat für Schulverweigerer soll verhindern, dass die Jugendlichen später kriminell werden. Denn: „Schuleschwänzen ist der erste Schritt zur Verwahrlosung“, sagt der SPD-Bildungsstadtrat

Der Schulweg, der eine Gruppe Neuköllner Jugendliche in eine bessere Zukunft führen soll, ist kurz. Grade mal drei Minuten braucht man vom „Internat am Buckower Damm“ zur „Schule an der Windmühle“. Da ist wenig Gelegenheit, den Reizen der Straßen zu erliegen, und zwar aus gutem Grund: Die Jugendlichen sind dem Neuköllner Jugendamt als notorische Schulschwänzer aufgefallen. Seit Montag wohnen vier von ihnen im Alter zwischen 12 und 15 Jahren in der neu eröffneten Einrichtung des Trägers EJF Lazerus. In den nächsten Tagen werden drei weitere Jugendliche einziehen.

Wer ins Internat kommt, entscheiden Jugendamt und EJF gemeinsam. Unter den notorischen Schulschwänzern werden die ausgewählt, bei denen man noch eine Chance auf Besserung sieht. Dass aus Schulschwänzern später Kriminelle werden können, ist die Grundannahme hinter dem Schulkonzept. „Schuleschwänzen ist der erste Schritt zur Verwahrlosung“, so SPD-Bildungsstadtrat Wolfgang Schimmang. Und Gabriele Vonnekold vom Jugendamt Neukölln sagt: „Das ist kein Internat für Kriminelle. Wir möchten uns aber um Jugendliche kümmern, die gefährdet sind.“

Der Alltag der Schüler ist entsprechend strukturiert: Morgens besuchen die Schüler die sonderpädagogische Hauptschule „an der Windmühle“, nachmittags betreuen Erzieher und Sozialpädagogen die Internatsschüler. „Das ist gerade am Anfang sehr streng. Wir nehmen ein Mittagessen zusammen ein, das die Schüler selbst vorbereitet haben. Auch ihre Wäsche waschen sie selbst. Sie sollen lernen, Verantwortung zu übernehmen“, sagt Betreuerin Anita Potschka.

Etwa 100.000 Euro hat EJF Lazarus für den Umbau des ehemaligen Kinderheims bezahlt. „Das alles hier hat einen Standard, den die Jugendlichen aus ihren Elternhäusern nicht kennen. Die Botschaft soll lauten: Ihr werdet hier nicht einfach abgeschoben“, erklärt Schimmang. Das Jugendamt bezahlt für einen Platz 2.400 Euro pro Monat. Die Jugendlichen verbringen die Wochenenden bei ihren Eltern, ohne Betreuer dürfe sie – zumindest anfangs – unter der Woche das Haus nicht verlassen. Trotzdem sei das Internat kein Gefängnis, so Vonnekold: „Die Schüler begreifen den Aufenthalt hier als Chance. Voraussetzung für die Aufnahme hier war auch, dass die Eltern ihre Kinder freiwillig zu uns schicken.“ SASCHA CHAIMOWICZ