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: „Ein Film muss in einem weiterarbeiten“

Gedreht im dunklen Harz: Regisseur Constantin Hatz über seinen Spielfilm „Gewalten“

Interview Wilfried Hippen

taz: Constantin Hatz, der Protagonist von „Gewalten“ ist ein Fremder unter den Menschen und versucht, sich im Wald zu verlieren. Wie autobiografisch ist Ihr Film?

Constantin Hatz: Er hat gar nichts mit meinem eigenen Leben zu tun. Es gibt ja diesen kollektiven Gedanken, dass Autorenfilmer immer von sich selbst erzählen. Für mich ist das ein Märchen. Die Verlockung beim Schreiben liegt für mich darin, mich in fremde Lebensrealitäten hineinzudenken, die nichts mit mir zu tun haben – und nach und nach bemerkt man dann Überschneidungen.

An „Gewalten“ fällt auf, was Sie alles nicht machen: Es wird kaum gesprochen, der erste Satz fällt erst nach 16 Minuten. Sie verdichten die Erzählzeit nicht, wie es in Spielfilmen üblich ist, auch gibt es viel Gewalt, die Sie aber nie zeigen.

Das hat mit meiner Grundhaltung dem Kino gegenüber zu tun: Ich verweigere mich dem plotgetriebenen, dramaturgischen Modellkino. Denn das hat nichts mit dem Leben zu tun, dem wir alle gegenüberstehen. Für mich muss ein Film nach dem Kinobesuch in einem weiterarbeiten. Dafür muss ich Lücken schaffen, Dinge auslassen, den Blick woanders hinlenken.

Foto: Michael Kofler

Constantin Hatz

*1989, hat an der Filmakademie Baden-Württemberg Regie studiert. Er erhielt unter anderem den Förderpreis Neues Deutsches Kino.

Die große Metapher ist der Wald.

Die Natur und der Wald dienen dem Protagonisten als ein seelischer Erfahrungsraum. Das ist natürlich ein frühromantischer Gedanke, und den mochte ich immer.

Damit stehen Sie in einer langen, sehr deutschen Tradition.

„Gewalten“. Regie: Constantin Hatz. Mit Malte Oskar Frank, Robert Kuchenbuch u. a., Deutschland, Niederlande, Österreich 2022, 148 Min.

Der Film kommt heute in die Kinos. Ausführliche Kritik auf: https://taz.de/!5834640

Ja, wir haben ja auch im Harz gedreht, wo viele Frühromantiker ihre Texte angesiedelt haben, weil das immer ein düsterer, finsterer Ort war, wo man sehr mit sich selbst konfrontiert war. Ich bin ja eigentlich Österreicher und ich war viel in Norddeutschland und Niedersachsen unterwegs, um geeignete Drehorte zu finden. Und in den dichten Wäldern hatte ich das Gefühl, man nimmt mir meinen Atem weg. Das war für mich sehr antreibend.

Aber der Grund für den Harz war doch ganz pragmatisch: Sie haben eine Bremer Produktionsfirma gefunden und dann Fördergeld von der Nordmedia bekommen.

Genau, im deutschen Film hat die Wahl der Drehorte sehr viel mit Politik zu tun. Sie ist durch die Art der Förderung determiniert und da hat sich das so gefügt. Aber ich habe nicht das Drehbuch geschrieben und dabei gedacht, das spielt jetzt irgendwo in Österreich.