: Schon längerkeine Eintracht mehr
In Frankfurt deutet vieles auf einen Abschied von Trainer Oliver Glasnerzum Saisonende hin. Rückhalt genießt er nur bei vielen Anhängern
Aus Frankfurt Frank Hellmann
Innerhalb der Fanszene hat der Trainer von Eintracht Frankfurt noch ausreichend Rückendeckung. Gerade werden über die Sozialen Medien Buttons mit einer Fotomontage verbreitet, die den Untertitel „Pro Oliver Glasner“ tragen und dessen Konterfei zeigen. Doch derlei Sympathiebekundungen ändern nichts daran, dass die Tage des beliebten Österreichers beim hessischen Bundesligisten offenbar gezählt sind. Die Hinweise verdichten sich, dass es zwischen dem Europa-League-Sieger und seinem vor einem Jahr am Römer gefeierten Coach am Saisonende zur Trennung kommt. Das soll das vom Verein nicht bestätigte Ergebnis eines Krisengipfels mit Sportvorstand Markus Krösche gewesen sein. Das Angebot an Glasner zu einer Verlängerung des 2024 auslaufenden Vertrags hatte der Klub ohnehin längst zurückgezogen.
Krösche soll sich mit Dino Toppmöller bereits einen Nachfolger ausgeguckt haben. Beide sind ein Jahrgang (1980) und kennen sich aus gemeinsamen Zeiten bei RB Leipzig. Der mit Julian Nagelsmann freigestellte Co-Trainer des FC Bayern hat früher mal mit mäßigem Erfolg für die Amateure und Profis der Eintracht gespielt. Seine Verpflichtung wäre zwar wegen der fehlenden Erfahrung in der Chefrolle ein Wagnis, würde aber den Nostalgiefaktor bedienen, da Vater Klaus Toppmöller einst bei der Eintracht den „Fußball 2000“ erfand.
Ob Glasner wirklich als letztes Spiel das DFB-Pokalfinale am 3. Juni gegen RB Leipzig von der Trainerbank verantwortet, ist nicht sicher. Sollte der 48-Jährige für sich zum Schluss kommen, dass unter den neuen Voraussetzungen die Zusammenarbeit keinen Sinn macht, wäre auch eine vorzeitige Trennung denkbar. Vorstandssprecher Axel Hellmann erwartet, dass Glasner seine Lehren aus dem Auswärtsspiel bei der TSG Hoffenheim (1:3) zieht, bei der Glasner durch eine Rote Karte und eine Wutrede auffiel. Für das Rhein-Main-Duell gegen den FSV Mainz (Samstag 15.30 Uhr) brummt er erst einmal eine Sperre ab.
Hellmanns Replik auf das zehnte sieglose Ligaspiel hatte es in sich. „Ich habe noch nicht erlebt, dass man Spiele durch Undiszipliniertheiten gewonnen hat“, kritisierte er und stellte erstmals öffentlich eine weitere Zusammenarbeit mit dem Trainer infrage. Diese Form sei schließlich „nicht zukunftsweisend“. Im Hintergrund ist einiges kaputtgegangen: Das Verhältnis zwischen Krösche und Glasner gilt seit Längerem als belastet. Zwei unterschiedliche Charaktere fanden in entscheidenden Sachfragen nicht mehr zusammen. Immer wieder hatte der Trainer moniert, dass seinem Kader nach dem Karriereende von Publikumsliebling Martin Hinteregger gestandene Abwehrspieler fehlen würden. Bestätigt fühlte er sich durch die schmerzliche Niederlage Mitte März bei Union Berlin (0:2). „Qualität kann man nicht trainieren“, giftete er damals nach dilettantischen Aussetzern der Defensive.
Danach häuften sich interne und öffentliche Ausraster eines zunehmend unzufriedenen Trainers, der beharrlich gegen die von Krösche vorgegebenen hohen Ansprüche ankämpfte. Selbst machte sich Glasner angreifbar, indem er fast immer auf denselben Kreis an Spielern und dasselbe System setzte. Routiniers wie Makoto Hasebe oder Sebastian Rode wirken inzwischen völlig überspielt. Ohne die Klasse des Torjägers Randal Kolo Muani wäre die Mannschaft wohl schon in die Abstiegszone abgerutscht. Im Vorjahr rettete das flirrende Europa-League-Finale in Sevilla die Saison, doch war die Grundstimmung in Stadt, Verein und Umfeld deutlich unbeschwerter und optimistischer.
Glasner als Alleinschuldigen für das schlechte Erscheinungsbild abzustempeln, wäre nicht gerecht. Für die wochenlang schwelenden Grabenkämpfe zwischen Aufsichtsrat und Vorstand trug er keine Verantwortung; er setzte sich sogar für den wegen Drogenbesitzes ins Visier der Staatsanwaltschaft gerückten Präsidenten Peter Fischer ein, der nun am Jahresende aufhört.
Selbst wenn es mit dem Pokalsieg in Berlin nichts werden sollte, bei den meisten Frankfurter Fans wird Glasner in dankbarer Erinnerung bleiben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen