So nervös wie nie zuvor

PHILOLOGEN Heinz-Peter Meidinger ließ als oberster Oberstudiendirektor stets die Gymnasien hochleben. Plötzlich stehen Schweißperlen auf seiner Stirn

Seine Erklärungen strahlten stets einen humanistischen Glanz aus. Wenn Heinz-Peter Meidinger seine Gymnasien hochleben ließ, dann bauten sich im Geiste wohlgeordnete Lehranstalten für höhere Söhne und Töchter auf. Auch jetzt erklärte der Vorsitzende des Deutschen Philologenverbandes wieder, dass die Gymnasien „die bei Pisa und in allen nationalen Leistungstests erfolgreichste Schulart Deutschlands sind“.

Meidinger ist elegant. Ihm würde es nicht so leicht passieren – wie dem groben Josef Kraus in seinem neuen Buch –, rechtslastige Publizisten zu hofieren oder Statistiken zu interpretieren, wie es ihm passt. Aber damit ist es nun vorbei.

Seit den drei Landtagswahlen ist nichts mehr, wie es war, in der Schuldebatte. Denn plötzlich könnte es so sein, dass fünf Bundesländer einen Umbau ihrer Schulsysteme vornehmen: Hamburg, Berlin und Schleswig-Holstein sind bereits dabei – Thüringen und das Saarland werden wohl hinzukommen.

Nun treten auch Meidinger Schweißperlen auf die Stirn: Er warnt davor, „das Gymnasium abzuschaffen bzw. zu zerschlagen“. Der oberste Oberstudiendirektor führte weiter an, „dass es keine wissenschaftliche Studie gibt, die nachweist, dass ‚längeres gemeinsames Lernen‘ und Gemeinschaftsschulen zu mehr Bildungsgerechtigkeit (…) führen“. Und dann: „Im Gegenteil: Brandenburg ist nach Einführung der sechsjährigen Grundschule bei der Abhängigkeit von sozialer Herkunft (…) auf den Abstiegspaltz abgerutscht.“

Das muss man, ungewöhnlich für Meidinger, rot anstreichen: In Brandenburg gab es, anders als suggeriert, nie eine vierjährige Grundschule. Die sechsjährige Grundschule ist in Wahrheit das Ergebnis einer Schulzeitverkürzung – von der zehnjährigen Polytechnischen Oberschule der DDR zur Grundschule Brandenburgs. Warum so nervös? CIF