Jonas Wahmkow besucht einen bedrohten Gemeinschaftsgarten
: Gärtnern ins Ungewisse

Die Temperaturen steigen, die Gartensaison kann endlich beginnen. Auch im „Kunst & Gemüse“, einem Gemeinschaftsgartenprojekt an der Grenze zwischen Pankow und Friedrichshain, wächst die Vorfreude. „Die Pflanzungen für das Gemeinschaftsbeet planen wir schon seit dem Winter“, sagt Anwohnerin Tanja Henrich bei einem Rundgang durch den Garten. Ein Lehrbeet solle es werden, mit essbaren Kräuter, Tees und Heilpflanzen.

Doch Anfang April erschütterte eine Nachricht des Bezirksamts die Gartenidylle: Der Bezirk wolle den Vertrag für das Areal nicht verlängern und forderte den Gartenverein auf, die Fläche bis zum Ende des Monats zu räumen. Für die Mitglieder kam die Mitteilung überraschend. Erst vor etwas über zwei Jahren hatte der Bezirk nach einem Beschluss des Bezirksparlaments den Gemeinschaftsgarten ermöglicht, in dem es dem Verein eine Fläche von 300 Quadratmetern im Süden des Blankenstein-Parks zur Verfügung stellte.

Auf der Wiese legten die Ge­mein­schafts­gärt­ne­r:in­nen Hochbeete an, bauten Sitzgelegenheiten und dekorierten den Garten liebevoll. Dieser ist offen für alle, mit der Zeit habe man gelernt, keine Gemüsesorten zu pflanzen, die sich gut snacken lassen – aber ansonsten gebe es kaum Probleme, berichtet Henrich. Das Projekt kam in der Nachbarschaft gut an, mittlerweile hat der Verein über hundert Mitglieder.

Eigentlich eine Win-win-win-Situation: Ein paar Quadratmeter Park werden aufgewertet, die Nachbarschaft hat einen neuen Treffpunkt und der Bezirk muss nichts weiter dafür tun. Und das Beste: Da es ein öffentlicher Park ist, besteht nicht einmal die Gefahr, dass irgendein Investor dort ein Hochhaus bauen will.

Warum der Bezirk das Projekt nicht mehr weiter unterstützen wolle, ist den Mitgliedern schleierhaft. Gründungsmitglied Doreen Bialias berichtete der taz, der Bezirk hätte dem Verein gegenüber bemängelt, dass die örtliche Rattenpopulation außer Kontrolle sei. Ob eine Räumung etwas an dem Problem ändern würde, bezweifelt Bialias allerdings.

Um seinen Garten zu retten, startete der Verein ein Onlinepetition – die nach wenigen Wochen über 4.000 Un­ter­stüt­ze­r:in­nen unterschreiben. Medien werden auf den Fall aufmerksam, neben der taz ist auch der RBB vor Ort zu Besuch.

Eine Woche später dann die Erleichterung: Pankows Stadträtin Manuela Anders-Granitzki traf sich persönlich mit Mitgliedern des Vereins und setzte die Räumung aus. Der Vertrag solle verlängert werden und auf einmal hieß es aus dem Bezirksamt, der Verein habe lediglich versäumt, den Vertrag fristgerecht zu verlängern. Dies solle nun nachgeholt werden, so zumindest die mündliche Zusage.

Wie heißt es doch so schön: Die Wege der Berliner Verwaltung sind unergründlich. Und manchmal finden sie sogar ein gutes Ende, wenn man ein bisschen nachhilft.