Profitable Enteignungen

„Ein braunes Band der Sympathie“ im Metropolis beleuchtet die Rolle der Dresdner Bank während des Dritten Reiches

Auch nach dem 8. Mai 2005 und der mit diesem Datum angeblich einhergehenden Übersättigung aller Blätter, Fernsehkanäle und Programmkinos mit der Erinnerung an das Dritte Reich gibt es noch genug Dokumentarisches zur Nationalsozialismus und dessen Kontinuitäten zu zeigen. Das finden wenigstens das Metropolis und die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN), die noch das ganze Jahr die Reihe „Täter, Opfer, Widerstand“ fortsetzen, in der sie jeweils zum Monatsende einen Dokumentarfilm präsentieren.

Bisher waren hier die NDR-Fernsehdoku Das Massaker von Gardelegen von 2001 und Eyal Sivans Eichmann-Portrait Ein Spezialist von 1998 zu sehen. Jetzt folgt ein weiterer Film aus ARD-Archiven: Dagmar Christmanns und Thomas Rautenbergs 45-minütiger Beitrag zum 125. Firmenjubiläum der Dresdner Bank, Ein braunes Band der Sympathie, der 1997 einige der Eckpunkte der Firmengeschichte nachlieferte, die in der Festschrift der Bank und im Grußwort von Helmut Kohl fehlen.

Im Berg der öffentlich-rechtlichen Fernsehdokus der letzten Jahre fällt diese schon deshalb auf, weil sie nicht den Namen Hitler im Titel trägt. Und tatsächlich nimmt sich die Reportage wie eine Warnung vor der Personalisierung in der Beschreibung deutscher Verbrechen aus, die 1997 vom ZDF-Kollegen Knopp betrieben wurde und vorläufig im Untergang kulminierte.

In Ein braunes Band der Sympathie machen nicht Männer Geschichte, sondern Institutionen Geschäfte. Die unvorstellbar hohen Gewinne der Dresdner Bank und ihr konsequentes Vorgehen bei der Ermöglichung von „Arisierungen“ werden aus dem Off und von Verwandten der enteigneten jüdischen Unternehmer erzählt. Dabei treten diese Zeitzeugen zwar wie bei Knopp als Talking Heads vor schwarzem Hintergrund auf, doch berichten sie nie nur, „wie es war“, sondern auch, dass sie immer noch erfolglos um kleinste Kompensationen kämpfen.

Im verwendeten Archivmaterial ist kein einziger SA-Aufmarsch und keine Hitler- oder Goebbelsrede zu sehen, sondern nur das geschäftige Treiben auf dem Kurfürstendamm und auf dem Alexanderplatz der 30er Jahre. Das Material von 1997 dagegen besteht aus einem Ausschnitt aus Kohls Rede zur Jubiläumsfeier, in der er von der Bedeutung der Vergangenheit – etwa der Erfolgsgeschichte der Dresdner Bank – für die Gegenwart fabuliert, und aus einem Schwindel erregenden Kreisen der Kamera um die Fassade der Frankfurter Zentrale der Bank.

Dieses Kreisen setzt meist dann ein, wenn im Film Zahlen genannt werden. Betrug und Fälschung waren die Mittel der Dresdner Bank, Boykott und Gewalt die des deutschen Staates, mit denen sie gemeinsam ihr Ziel, die profitable „Arisierung“ jüdischer Betriebe, erreichten. Von der Enteignung Leonard Tietz‘ und der Umbenennung der von ihm geführten Kaufhäuser in „Hertie“ 1934 erzählt die Reportage, von der Übergabe des Hotels Kempinski an einen Volksgenossen, von erfolglosen Versuchen nach 1945, dem Hotel die Verwendung des Namens seines jüdischen Gründers zu verbieten, von Konten der SS-Wirtschaftsunternehmen bei der Dresdner Bank und von deren Kooperation mit der IG Farben. Schnell werden hier Informationen geliefert, sodass man beinahe mitschreiben müsste. Erfassbar aber wird die Dimension des Verbrechens im Schwindel, den der Blick auf die Bankzentrale hinterlässt. Georg Felix Harsch

So, 19.6., 16 Uhr, Metropolis