Niederländische Provinzwahlen: Rutte-Dämmerung

Die Wahlen wurden zu einer Abrechnung mit der Mitte-Rechts-Regierung in Den Haag. Der Frust sitzt tief, die „Bauer-Bürger-Bewegung“ profitierte davon.

Mark Rutte, Premierminister der Niederlande, wirft seinen Stimmzettel für die Provinzwahlen in eine Wahlurne.

Mark Rutte bei der Stimmabgabe für die Provinzwahl am Mittwoch Foto: imago

Stellen Sie sich vor: Sämtliche Landtagswahlen finden an einem Tag statt, die im Bund regierenden Ampel-Parteien werden überall abgestraft und eine populistische Agrarpartei, die sich „Die Stimme der Provinz“ nennt und nur eine Abgeordnete im Bundestag zählt, hat nun in manchem Landesparlament dreimal mehr Sitze als die SPD. Dieses Szenario in etwa hält die Niederlande nach den Provinzwahlen und dem Erdrutschsieg der Bauer-Bürger-Bewegung (BBB) in Atem. Die Provinzen, jene eigentlich kaum beachtete Zwischenebene der Politik, sind zum Schauplatz einer Abrechnung mit der äußerst unpopulären Den Haager Regierung geworden.

Die Mitte-rechts-Koalition Mark Ruttes hat sich dies durch zahlreiche Skandale – allen voran die „Kindergeldaffäre“, bei der von Familien migrantischer Herkunft unrechtmäßig Sozialleistungen zurückverlangt wurden –, eine unsoziale Politik, arrogante Auftritte des Premiers und seinen kreativen Umgang mit der Wahrheit selbst zuzuschreiben. Ein wachsender Teil der Bevölkerung empfindet über diese Zustände seit Jahren Frust und Wut.

Die Provinzwahlen machten daraus den Beginn einer Rutte-Dämmerung. Die BBB, einst Stimme des Agrarsektors gegen als Zumutung empfundene Umweltstandards, kanalisiert heute den Unmut mehrerer Gruppen. Sie profitiert von einem Protestpotenzial, das seit über 20 Jahren die niederländische Politik prägt. Rechte Parteien wie PVV oder das faschistoide „Forum voor Democratie“ stoßen in die Lücke zwischen Bevölkerung und „Den Haag“, die nicht zuletzt durch die Krise des weit fortgeschrittenen niederländischen Neoliberalismus entstand.

Die Bauern-Bürger-Bewegung, zweifellos populistisch und in einem konservativ-ländlichen Milieu verwurzelt, hebt sich von diesen freilich ab. Während man beim „Forum voor Democratie“ vom Belagern des Parlaments träumt und PVV-Chef Geert Wilders vernachlässigte Bäue­r*in­nen gegen vermeintlich verhätschelte Geflüchtete aufrechnet, fordert Caroline van der Plas von BBB, die parlamentarische Demokratie zu stärken. Auch darum stieß ihre Partei in Dimensionen vor, die PVV und Forum verwehrt blieben.

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