SPD feiert geburtstag
: Ein Stück Rest-Esprit

So richtig gemütlich war er, der 60. Geburtstag der Wiedergründung der Berliner SPD. Am Mittwochabend saßen rund 150 GenossInnen im lichtdurchfluteten Innenhof des Willy-Brandt-Hauses und belobhudelten sich gegenseitig. Wie das halt so ist, wenn man sich feiert: Man hört ein bisschen Musik Marke Easy Listening und suhlt sich anschließend in der eigenen großartigen Geschichte.

Die ist bestimmt sehr spannend, nur kommt das an diesem Abend leider nicht so richtig rüber. Helga Grebing hält die Festrede. Sehr bedächtig schleicht die Historikerin von der Gründung der KPD zur Wiedergründung der SPD und von Otto Grotewohl zum SED-Zusammenschluss in Ostberlin. Nach fast einer Stunde ist sie im März 1946 angekommen. In der Zwischenzeit sind einige Junggenossen schon mal kurz zum Rauchen in den Vorhof gegangen.

„Wo stehen wir? Wohin gehen wir?“, war das Motto der Feier. Richtig hätte es eigentlich heißen müssen: „Wo standen wir?“ Im Angesicht des bei den Bundestagswahlen drohenden Untergangs der Bundes-SPD hat auch Generalsekretär Klaus Uwe Benneter in seiner Begrüßung lieber über die Vergangenheit gesprochen: „Das ist eine Erinnerungsveranstaltung und keine Wahlkampfveranstaltung, weil ja noch gar kein Wahlkampf ist.“

„Neue Stärke“ – der aktuelle SPD-Slogan steht auf einer blauen Leinwand in Benneters Rücken. Der Mann besinnt sich derweil der alten Stärken und erinnert an die Großen SPDler Berlins. Benneter spricht von Altkanzler Willy Brandt, dem Regierenden Bürgermeister Klaus Schütz und dem amtierenden Regierenden Klaus Wowereit. „Wir Berliner Sozialdemokraten haben diese Stadt geprägt und ihre Geschichte immer mitbestimmt.“ Das tut gut.

Später gibt es noch eine kleine Zeitzeugenrunde. „Wie war das damals, als ihr die Berliner SPD so kurz nach dem Krieg wiedergegründet habt“, will der Moderator von einer alten Genossin wissen. „Na ja. Wir haben uns mit den übrig gebliebenen Genossen getroffen und dann die Partei wiedergegründet“, ist die Antwort. Danach muss die alte Genossin lachen und wird ein bisschen rot.

Zum Glück sitzt auch Klaus Schütz auf dem Podium, das verleiht der Veranstaltung zumindest ein wenig Rest-Esprit. „Ich hatte nach dem Krieg das Gefühl, ich sollte mich politisch engagieren. Ich bin in die SPD eingetreten und dachte, ich werde jetzt an den großen Kämpfen der Welt teilnehmen“, sagt er. Am Ende habe er sich aber mit der Wohnungsvergabe in Wilmersdorf rumschlagen müssen. „Das hat aber trotzdem Spaß gemacht“, sagt Schütz – und das erste Mal an diesem Abend entsteht der Eindruck, dass hier jemand wirklich gern Sozialdemokrat ist. PHILIPP DUDEK